Kreis Lörrach „Am Ende entscheidet das Bauchgefühl“

Die Oberbadische
Teilnehmer und Veranstalter (v.l.): Prof. Valentin Weislämle, Ina Rosenthal, Andrea Lutz, Prof. Albert Scherr, Prof. Wolf-Dietrich Hammann, Massimo de Carlo, Michael Hitz, Jürgen Rausch (Moderator), Franz Faist und Christoph Zacheus-Hufeisen. Foto: Ursula König Foto: Die Oberbadische

Podiumsgespräch zum Thema „Migration und Arbeitswelt“ im SAK Lörrach

Von Ursula König

Kreis Lörrach. Fachkräftemangel einerseits – Vorbehalte gegen Migranten auf der anderen Seite: Die Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Alten Wasserwerk (SAK) vor gut besuchten Zuhörerreihen stellte sich der Frage „Migration – Chance für den Arbeitsmarkt?“ Eingeladen hatte das „Aktionsbündnis gegen Rechts“ in Kooperation mit dem SAK.

Vertreter aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Bildung diskutierten über den „Mehrwert“ der Vielseitigkeit, die eine verstärkte Öffnung für andere Kulturen mit sich bringt. Dabei wurde deutlich, dass Großkonzerne beim Einstellungsverfahren längst einen Schritt weiter sind, als kleinere Betriebe. Als Fazit der Diskussionsrunde lässt sich das Ziel definieren, den Begriff „Migration“ gar nicht mehr zu brauchen.

Prof. Dr. Albert Scherr, Pädagogische Hochschule Freiburg, erklärte in seinem Einführungsvortrag, dass die Diskriminierung im Bereich Handwerk und Industrie auf eingespielte Mechanismen zurückgeführt werden könne. Diese gelte es aufzubrechen. Auch ein hoher Bildungsabschluss von Migranten reiche nicht, um Vorurteile abzubauen. „Am Ende entscheidet das Bauchgefühl“, erklärte er die Vorstellung vieler Betriebe, dass nur ähnliche Wertmaßstäbe ein reibungsloses Miteinander ermöglichen.

Dass Migration auch in Deutschland stattfindet, unterstrich Andrea Lutz von der Wirtschaftsregion Südwest anhand des Beispiels der Grenzgänger in die Schweiz. Der trinationale Standort stehe für einen großen „Branchenmix“ und global agierende Unternehmen. Wirtschaftsförderung durch Bündnisse wie Chancengleichheit seien die gesteckten Ziele.

Für eine „Willkommenskultur“ plädierte Prof. Dr. Wolf-Dietrich Hammann, Ministerialdirektor im Landes-Integrationsministerium, der eine besorgniserregende statistische Auswertung vermittelte: Latenter Antisemitismus ist in unserer Gesellschaft demnach in einem 20-prozentigen Bereich vertreten.

Um Vorurteile abzubauen sei Bildung im Sinne von Aufklärung ein Schlüsselfaktor, so Prof. Dr. Valentin Weislämle, FDP-Kreisvorsitzender Lörrach und Leiter des Studiengangs BWL-Tourismus an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Lörrach.

Damit jugendliche Migranten nicht als Schlusslichter bei der Bewerbung dastehen, müsse es ein Ziel sein, die Stärke dieser Vielfalt begreifbar zu machen, sagte Ina Rosenthal, die im Landesparteitag der Grünen vertreten ist.

Dass die Ausgrenzung auch ein Thema älterer Generationen sei, wie von Andrea Lutz eingebracht, glaubt Franz Faist, „ver.di Südbaden“, nicht. Eine große Gefahr des Potenzials an Facharbeitern sieht er allerdings angesichts der demografischen Entwicklung.

Für einen verstärkten Austausch vor allem jüngerer Arbeitskräfte tritt Massimo de Carlo, Internationale Kommission Lörrach, ein: „Das fördert die europäische Identität.“

Nicht nur die eigene Suppe kochen, sondern die Chance nutzen, den Blickwinkel zu ändern; dieses Statement wurde einstimmig angenommen.

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