^ Kreis Lörrach: Arbeitsgelegenheiten ein Problem - Kreis Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Kreis Lörrach Arbeitsgelegenheiten ein Problem

Die Oberbadische

Sozialausschuss sieht in Jobcenter eine „Erfolgsgeschichte“ / 2000 Hartz IV-Bezieher kaum zu vermitteln

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Die Politik bewertet das vor zehn Jahren gegründete Jobcenter durchweg positiv. Kritik übten die Fraktionssprecher im Kreis-Sozialausschuss hingegen an der Bürokratie, dem Auslaufen der Bürgerarbeit oder auch am rückläufigen Eingliederungsbudget. Träger von Beschäftigungsgesellschaften kämpfen zudem offenbar mittlerweile um ihre Existenz, wurde in der Sitzung deutlich.

Die Landrätin, ihre Sozialdezernentin, der Arbeitsagentur-Leiter und auch der Jobcenter-Chef hatten vor wenigen Tagen bereits den zehnten Geburtstag des Jobcenters zum Anlass genommen, auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Landkreis und Arbeitsagentur zu blicken. Fraktionsübergreifend gab es nun auch Lob von der Kreispolitik. Stefan Grüter (CDU) sprach davon, dass die Arbeit „prima“ funktioniert. Eine „Erfolgsgeschichte“ erkennt Jörg Lutz (SPD), „eine Bombensache“ sind nach Gunter Halter die zehn Jahr Jobcenter. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften ist seit dem Bestehen im Jahr 2005 auf dem niedrigsten Stand. 4574 Hartz IV-Familien gab es im Juni vergangenen Jahres, fast 2000 weniger als noch acht Jahre zuvor. Mit der Hartz IV-Quote (Sozialgesetzbuch II-Quote) von 4,7 Prozent lag man Ende 2014 sogar endlich landesweit im Mittelfeld, nicht mehr auf den hinteren Plätzen.

Wie schwierig die Kunden, wie das Jobcenter ihre Klientel nennt, überhaupt noch in Arbeit zu bringen sind, zeigte Jobcenter-Leiter Jürgen Albrecht aber auch auf. Zwei Drittel haben keine Ausbildung. Auch „multiple Vermittlungshemmnisse“, also mehrere Problemlagen gleichzeitig, erschweren die Suche der Vermittler nach einem Job für die Kundschaft. Knapp 2000 Menschen gelten als kaum vermittelbar. „Für die kann man nichts mehr tun“, gab Albrecht offen zu. Doch das SGB II wolle nun einmal Keinen verloren geben. Daher gebe es regelmäßige Gespräche und Eingliederungsvereinbarungen für die Menschen mit „Stabilisierungs- und Unterstützungsprofil“.

Ab April starten zwei spezielle Arbeitsvermittler aus dem Jobcenter ihre Mission, diese Problemkunden in Arbeit zu bringen. Die jeweils möglicherweise passende Firma soll besucht und mit Lohnzuschüssen von bis zu 75 Prozent gelockt werden, um einem Langzeitarbeitslosen doch noch eine Chance zu geben, wieder ein strukturiertes Leben mit Job zu führen. „Es wird ein schwieriges Unterfangen“, weiß Albrecht. Das Budget der Lörracher Behörde für die Eingliederungsleistungen beträgt knapp vier Millionen Euro, vor fünf Jahren waren es noch doppelt so viel. Vor allem für die Qualifizierung soll das Geld verwendet werden, immer weniger für Arbeitsgelegenheiten. Die Bürgerarbeit ist schon ausgelaufen, von der in Lörrach viel Gebrauch gemacht wurde.

Insgesamt 290 Teilnehmer an Arbeitsgelegenheiten sind nur noch bei Trägern wie dem SAK, PVD oder Tafelläden im Einsatz. Albrecht sieht aber für einige Träger bereits die Existenz in Gefahr. „Ich bin mir nicht sicher, ob alle Träger weiter über die Runden kommen. Es wird von Monat zu Monat schwieriger. Bei dem einen oder anderen geht es ums nackte Überleben.“

Eine Beschäftigungsgesellschaft, an der sich der Landkreis beteiligen könnte, wie von Grüter (CDU) im Ausschuss ins Gespräch gebracht, hält der Jobcenter-Leiter zugleich für „utopisch“. Dafür sei kein Geld im Haushalt, so Albrecht.

Die Notwendigkeit einer Entbürokratisierung sieht der Behörden-Leiter angesichts von Arbeislosengeld II-Berechnungen, die sich vereinzelt über 30 Seiten erstrecken, hingegen schon, ebenso wie auch Fritz Lenz (Unabhängige), der hier auf eine Produktivitätssteigerung setzt. Eine Frustration auf Antragsteller- und Bearbeiterseite erkennt Jörg Lutz (SPD). „Wir würden uns eine Pauschalierung wünschen.“ Albrecht sieht auch Handlungsbedarf: „Irgendwann muss was geschehen.“

Bei den vom Jobcenter betreuten Jugendlichen und Alleinerziehenden erkennt der Jobcenter-Leiter Jürgen Albrecht Grenzen des Machbaren. Bei den gut 100 Jugendlichen sei die Motivation fraglich und eine Suchtproblematik häufig. „Da ist nicht mehr allzu viel Luft nach unten“, glaubt Albrecht nicht, die Zahl auf null senken zu können.

Bei den gut 1000 Alleinerziehenden seien kleine Schritte angesagt. Schwierig sei hier auch, die Arbeitszeiten mit den Betreuungszeiten der Kinder überein zu bekommen. „Viele kennen die Betreuungsmöglichkeiten auch nicht.“ Wenn die Kinder unter drei Jahre alt sind, würden die Alleinerziehenden außerdem einen besondern Schutz genießen.

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