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Kreis Lörrach Befindet sich die Vierte Gewalt in der Krise?

Die Oberbadische
Matthias Zeller (von links), Philipp Schließer und Guido Neidinger im Gespräch über journalistische Standards und die Kontrollfunktion der Medien. Foto: Markus Greiß Foto: Die Oberbadische

Diskussion zur politischen Beeinflussung der „Basler Zeitung“ / Appell zu mehr Lesermündigkeit

Von Markus Greiß

Kreis Lörrach. „Politik und Medien – wie nah ist zu nah?“ Über diese Frage diskutierte am Mittwochabend der Juso-Kreisvorstand Philipp Schließer mit dem Chefredakteur unserer Zeitung, Guido Neidinger, und Matthias Zeller, der das Lörracher Regionalbüro des SWR leitet. Diskussionsgrundlage war der Film „Die Übernahme“, den das Team des Free Cinema zu Beginn des Abends aufführte.

In dieser unter anderem von „Rettet Basel“ produzierten „filmischen Intervention“ wird beschrieben, wie die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) das Ruder beim Traditionsblatt „Basler Zeitung“ (BaZ) übernommen hat. In der Folge, so der Tenor des Films, seien journalistische Standards missachtet, Personen und Institutionen beschädigt, Ausländerfeindlichkeit geschürt und Lobbyarbeit für mächtige Wirtschaftskreise betrieben worden.

Schließer, der den Abend moderierte, erinnerte daran, dass die Medien als „Vierte Gewalt“ die drei verfassungsmäßigen Gewalten kontrollieren müssen. „Was passiert, wenn Medien diese Funktion nur noch bedingt wahrnehmen?“, fragte er angesichts der Erfahrungen mit der BaZ. Nach Einschätzung von Zeller wird die BaZ ihrer Kontrollfunktion eindeutig nicht mehr gerecht. Er kritisierte besonders, dass die Zeitung den Einfluss der SVP lange verschleiert und somit „mit verdeckten Karten“ gespielt habe. Natürlich würden Zeitungen eine bestimmte Linie vertreten, sie dürften aber selbst keine Politik machen. Er sieht die Gefahr, dass ein „jahrelanges Beschießen der Leser mit Meinungen“ etwa bei Volksentscheiden Wirkung zeige.

Neidinger erklärte, dass es grundsätzlich gut gewesen sei, dass die seinerzeit in wirtschaftlichen Turbulenzen steckende BaZ einen Investor gefunden habe. Dadurch seien viele Arbeitsplätze gerettet und ein Traditionsunternehmen erhalten worden. Das größte Problem bei der Übernahme der BaZ sei deren damalige Monopolstellung auf dem Basler Zeitungsmarkt gewesen. „Monopoljournalismus aber ist nicht gesund“, betonte Neidinger und ergänzte, dass dem Leser zunächst Alternativen gefehlt hätten, als die BaZ ihre politische Richtung sehr schnell und deutlich geändert habe. Auch das habe zu der Protestwelle geführt.

Wirtschaftlich hat sich der Kurswechsel der BaZ laut Schließer nicht gelohnt. Mittlerweile zählt die Zeitung nur noch 52 000 Abonnenten – früher habe die Zahl deutlich über 100 000 gelegen.

Können Entwicklungen wie bei der BaZ zu einem generellen Vertrauensverlust der Medien beitragen, wie ihn „Die Zeit“ kürzlich in einer Titelgeschichte beschrieben hat? Nach Ansicht Neidingers ist das Grundvertrauen gegenüber seriösen Medien nach wie vor gegeben. Und er hat – wie Zeller – nach eigener Aussage bisher „keine wirkliche Einflussnahme“ erlebt. Dass Einflussnahme deutlich subtiler erfolgen kann als bei der BaZ, betonte ein Zuhörer. Nämlich dadurch, dass – wie im Fall Griechenland – primär die herrschende Meinung wiedergeben werde. Für Schließer gibt es deshalb nur einen Weg, um langfristig die Seriosität und Unabhängigkeit der Medien zu wahren: Die Leser müssten als „Fünfte Gewalt bei den Medien hinschauen, sich stärker einmischen und nicht nur konsumieren“.

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