Kreis Lörrach Die Zukunft der „Erfolgsgeschichte“

Die Oberbadische

Diskussion über Herausforderungen im Betreuungswesen / Geld wird als wichtig und unwichtig angesehen

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Der Betreuungsverein des Landkreises Lörrach hat laut Landrätin Marion Dammann in den vergangenen 20 Jahren eine „Erfolgsgeschichte“ geschrieben. Wie weitere Betreuer gewonnen werden können und welche Rolle das Geld spielt, hat gestern eine Podiumsdiskussion mit den heimischen Landtagsabgeordneten, dem Amtsgerichtsdirektor und Kreisrätin Gabriele Weber gezeigt. Gesellschaftliche Wertschätzung und Information traten als zentrale Punkte hervor.

Das 20-jährige Bestehen bot trotz sich verschärfender Bedingungen im Betreuungswesen Anlass zum Feiern im Sitzungssaal des Landratsamtes. Gab es zum Start lediglich vier ehrenamtliche Betreuer, kann der Landkreis mittlerweile auf insgesamt 143 ehrenamtliche Betreuer setzen. „Die Betreuer übernehmen eine soziale Verantwortung und haben Spaß an der persönlichen Kontaktaufnahme“, skizzierte Dammann. Es werde zugleich „unersetzliche Arbeit“ geleistet.

Und diese sei angesichts der demografischen Entwicklung gefragter, da es künftig mehr ältere Menschen geben wird, unterstrich Waltraud Hermann, Geschäftsführerin des Betreuungsvereins Lörrach, in ihrem Impulsreferat. Hinzu komme, dass weniger junge Menschen die Betreuung übernehmen. Außerdem sieht Hermann das Aufgabenspektrum in der Form erweitert, dass der Betreuer nicht nur Antragsteller für den Betreuten ist, sondern auch dessen Teilhabe sichere.

Jährlich werden im Landkreis für 40 Menschen Betreuer benötigt und 120 Betreuerwechsel stehen pro Jahr an. Angesichts dieser Zahlen beschäftigte sich die Podiumsdiskussion natürlich auch mit der Frage, wie Betreuer gewonnen werden können. Ulrich Lusche (CDU) setzt auf Anerkennung, Dank sowie Information über die Betreuung. Auf den „gesunden Menschenverstand“ hob ergänzend dazu Wolfram Lorenz ab, Direktor des Amtsgerichts Lörrach, während die „Lebenserfahrung“ von Josha Frey als Einstiegsvoraussetzung genannt wurde. Sein Landtagskollege Rainer Stickelberger (SPD), der als Landes-Justizminister zuständig für das Betreuungswesen ist, gab aber zu bedenken: „Nicht jedem liegt es, rechtliche Dinge zu vertreten.“ Der Minister kündigte zudem an, die gesetzliche Vertretung durch Angehörige aufzugleisen.

Welche Rolle das Geld spielt, wurde in der Diskussion ausführlich beleuchtet. Für Frey ist die Geldfrage „nicht die prioritäre, sondern wie das Betreuungswesen zukünftig aufgestellt ist“. Die Betreuungsvergütung regele der Bund, verwies Stickelberger auf die Aufwandsentschädigung von knapp 400 Euro für die Ehrenamtlichen. Das Land sehe zudem 1,75 Millionen Euro vor, die wegen des neuen Fördersystems noch nicht voll von den Betreuungsvereinen ausgeschöpft worden seien. Hier wolle man noch besser informieren. Als „völlig illusorisch“ erachtet Stickelberger, dass mit 50 Euro mehr auch mehr Ehrenamtliche gewonnen werden können. Lusche prognostizierte aber, dass angesichts der steigenden Betreuungszahlen mehr Geld in diesen Bereich fließen müsse.

Für Unverständnis im Publikum sorgte teilweise, dass der Bund sieben Millionen Euro als Aufwandsentschädigung für den Einsatz von Ehrenamtlichen vorsieht, die hauptberuflichen Betreuer hingegen mit 48 Millionen Euro im Etat veranschlagt sind. Lusche verwies hier auf ein „vielschichtiges System“, in dem gut qualifizierte Fachkräfte auch mehr Betreuungen zu leisten hätten.

Ob der Kreistag mehr Geld zuschießt, konnte Gabriele Weber (SPD) noch nicht beantworten. Doch: „Ich bin sicher, dass sich der Kreistag, wenn nötig, der finanziellen Verantwortung stellt.“ Zunächst sei aber die gesetzlich zuständige Ebene am Zug.

Auf mehr Geld und damit mehr Personal setzt der Verein für soziale Dienste (SKM). Dessen Geschäftsführer Andreas Haug machte klar: „Hätten wir mehr personelle Ressourcen, hätten wir mehr ehrenamtliche.“

Sein „Traum“ von der besseren zwischenmenschlichen Beziehung zwischen Richtern, Rechtspflegern und Ehrenamtlichen durfte zugleich als Kritik am Status quo und am Amtsgericht verstanden werden. Dessen Direktor kennt solche Stimmen. „Im Großen und Ganzen bin ich aber überzeugt, dass wir die ehrenamtlichen Betreuer gut behandeln.“

Eine Betreuerin unterstrich zudem: „Die Mund-zu-Mund-Werbung ist die beste Werbung. Mehr Geld bringt nichts.“

Im Landkreis Lörrach gibt es mit dem Verein für soziale Dienste (SKM) und dem Betreuungsverein des Landkreis Lörrach zwei anerkannte Betreuungsvereine. Das Ziel der Gründung des Betreuungsvereins war die Schaffung einer Wahlmöglichkeit innerhalb des Landkreises. Der Verein hat über die Führung von Betreuung hinaus eine planmäßige Gewinnung, Beratung und Fortbildung ehrenamtlicher Betreuer durchzuführen.

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