Kreis Lörrach „Ich bin nicht gut im Kopfrechnen“

Die Oberbadische

Matthe-AssJan Steinebrunner (16) aus Todtnau / Einst Deutschlands jüngster Student

Jan Steinebrunner aus Todtnau konnte mit sechs Jahren schon bis 640 zählen, begann mit 13 sein Schülerstudium in Mathe und schrieb sein Abi mit 16 mit einem Schnitt von 1,1. Gleich zweimal in Folge wurde er Bundessieger in Mathematik. Verena Wehrle sprach mit dem 16-Jährigen und seinen Eltern Sabine und Bernhard Steinebrunner darüber, wie es ist hochbegabt zu sein, über Unterforderung, Jans Interessen und Erfolge sowie seine Pläne für die Zukunft.

Wann habt Ihr gemerkt, dass Jan hochbegabt ist?

Sabine und Bernhard Steinebrunner: Bevor Jan eingeschult wurde, haben wir überlegt, was wir mit ihm machen, weil er schon so gut rechnen konnte. Eine Lehrerin hat ihn dann in Mathe geprüft. Dabei kam heraus, dass er bereits auf einem Stand von Mitte des dritten Schuljahres war.

Jan, was bedeutet es für dich hochbegabt zu sein?

Jan: Es ist das Einzige, was ich kenne. Aber es hat schon eine besondere Bedeutung. Ich betreibe die ganze Zeit Mathe ohne Unterbrechung. Ohne Hochbegabung würde mein Leben wohl ganz anders aussehen, aber ich nehme es nicht bewusst wahr.

Und was bedeutet deine Hochbegabung für deine Eltern?

Sabine Steinebrunner: Wir haben viel Zeit reingesteckt. Es bedarf einer Menge Organisation, um das zu unterstützen. Mittlerweile geht er morgens um halb sieben aus dem Haus zum Studium nach Freiburg und kommt abends spät wieder zurück.

Warst du als Kind oft unterfordert?

Jan: In der zweiten und in der neunten Klasse bin ich ein Schuljahr gesprungen. Am meisten unterfordert war ich in der Zeit kurz bevor ich ins Gymnasium gekommen bin. Da war mir so richtig langweilig. In der fünften Klasse habe ich dann Mathe verweigert, weil ich keine Lust mehr hatte. In der 6. Klasse konnte ich zum Glück dann in den Mathe-Unterricht der 8. Klasse gehen und so besuchte ich in den Folgejahren immer den Mathe-Unterricht der höheren Klassenstufen. In der 8. Klasse habe ich dann schon die Abitur-Klausuren geschrieben, auch wenn diese noch nicht gewertet wurden. Mit 16 durfte ich dann aber endlich mein Abitur machen.

Schule war also langweilig für dich?

Jan: Ja, noch zwei Jahre hätte ich nicht machen wollen.

Und mit 13 warst du der jüngste Student Deutschlands?

Jan: Ja, ich begann in der 9. Klasse mein Schülerstudium in Mathe an der Uni Freiburg. Zu der Zeit war ich eineinhalb Tage in der Uni und dreieinhalb Tage in der Schule und hatte am Ende vier Vorlesungen neben der Schule. Ich erkläre in der Uni oft Leuten etwas, die älter sind.

Und wie reagieren sie dann?

Jan: Sie sind oft zweimal überrascht, einmal, dass ich erst 16 bin und ein zweites Mal, dass ich bereits im fünften Semester bin.

Und du studierst mittlerweile auch noch Physik. So ein Parallelstudium ist schon außergewöhnlich.

Jan: Ja, das kommt eher selten vor. Ich muss in der Woche 24 Aufgaben abgeben, das kostet halt schon viel Zeit. Wenn ich sonntags nichts machen würde, würde es nicht gehen.

Das heißt, auch als Hochbegabter muss man viel lernen?

Sabine Steinebrunner: Im Urlaub in Amerika saß er jeden Tag zwei bis vier Stunden am Lernen. Da steckt eine Menge Disziplin dahinter.

Jan: Aber der Punkt ist halt, dass das alles Spaß macht, das ist keine Anstrengung für mich.

Viel Disziplin brauchtest du auch beim Bundeswettbewerb in Mathematik, bei dem du in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge Bundessieger wurdest.

Jan: Ja, da sitzt man halt schon sehr lange dran. Der Wettbewerb besteht aus drei Runden: zwei Aufgabenrunden und einem Gespräch. Und es geht um Themen, die man weder in der Schule noch in der Uni durchnimmt. In diesem Jahr musste ich als Bundessieger vom Vorjahr nur zwei Runden machen. Beim ersten Mal hätte ich absolut nicht damit gerechnet, dass ich gewinne. Insgesamt haben elf Teilnehmer aus ganz Deutschland gewonnen.

Wir reden die ganze Zeit nur von Mathe. Aber mit einem Abi-Durchschnitt von 1,1 ist klar, du bist nicht nur in Mathe gut. Dir liegen alle Fächer. Gibt es doch irgendwas, was du nicht kannst?

Jan: (überlegt lange und dann fällt ihm doch noch was ein): Ich bin nicht sehr gut im Kopfrechnen, sondern eher Spezialist für die komplexeren Dinge der Mathematik.

Bernhard Steinebrunner: Er hat sich von Anfang an für alle Sachen interessiert. Er ist ein sogenannter Hochleister, ein „well-rounded“. Er ist in allen Fächern ein Überflieger und in Mathe ‘ne Rakete.

Sabine Steinebrunner: Was es ausmacht, ist nicht nur die Begabung, sondern auch die Disziplin und das Umfeld.

Hast du noch irgendwelche anderen Hobbys außer Lernen?

Jan: Joggen ist das größte Hobby, das mache ich drei Mal die Woche, das geht auch im Dunkeln. Und natürlich treffe ich mich am Wochenende gerne mit meinen Freunden.

Und wie sieht deine Zukunft aus?

Jan: Ich mache den Master in Mathematik und den Bachelor in Physik. Und dann würde ich am liebsten im Ausland den Doktor in Mathe machen.

Warum im Ausland?

Jan: Da gibt es die besseren Unis. Ich habe mir im Urlaub die University of California in Berkeley angeschaut, eine der besten Unis in Mathematik. Dort habe ich mit dem Professor gesprochen. Am liebsten würde ich den Professor in Mathematik machen, aber das ist auch für mich schwer.

Apropos schwer, ist es für dich jetzt immer noch langweilig im Studium?

Jan:Nein, jetzt bin ich auf dem gleichen Niveau wie die anderen. Jetzt ist es so, dass ich über Probleme nachdenke, die ich noch nicht verstanden habe, statt noch lange weiter über Probleme nachzudenken, die ich bereits längst verstehe.

Bundessieger in Mathematik erhalten ein Stipendium, ein Monat Hospitanz am Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn und einen Geldpreis

u Hochbegabung: Der Begriff „Hochbegabung“ bezieht sich auf rein intellektuelle Fähigkeiten. Hochbegabte Kindern verfügen über eine besonders hohe Intelligenz und damit eine herausragende Denk- und Problemlösungsfähigkeit sowie über eine gute Lernfähigkeit, eine schnelle Auffassungsgabe und außerordentliche Gedächtnisleistungen. In ihrer geistigen Entwicklung sind hochbegabte Kinder anderen Kindern ihres Jahrgangs oftmals um Jahre voraus. Ob sie ihre außergewöhnlichen Leistungen auch tatsächlich erbringen können, hängt von der jeweiligen Förderung und den Bedingungen des Umfeldes ab, in dem die Kinder aufwachsen.

„Hochbegabt ist, wer sich schnell Wissen über Sachverhalte und Problemlösungsstrategien aneignen kann, dieses Wissen in unterschiedlichen Situationen für unterschiedliche Problemlösungen effektiv nutzt, rasch aus seinen dabei gemachten Erfahrungen lernt und erkennt, auf welche neuen Situationen bezeihungsweise Probleme er seine gewonnenen Erkenntnisse übertragen kann und welche nicht.“

(Detlev Rost)

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