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Kreis Lörrach Leben mit dem Klingeln im Ohr

Die Oberbadische
Tinnitus hat sich mittlerweile zu einem Volksleiden entwickelt. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Gesundheit: Tinnitus-Selbsthilfe-Gruppe Lörrach lehrt Betroffenen mit der Krankheit umzugehen

Von Sarah Trinler

„Der Tinnitus gehört zu mir – das muss man erst einmal akzeptieren“, sagt Karl Heinz Schütt von der Tinnitus-Selbsthilfe-Gruppe Lörrach. In der Gemeinschaft lernen Betroffene aus dem gesamten Landkreis mit dem Tinnitus umzugehen – denn heilen lässt er sich nicht.

Kreis Lörrach. Tinnitus gilt mittlerweile als Volkskrankheit. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind rund 60 Prozent der Bevölkerung in ihrem Leben zumindest zeitweise davon betroffen. Sie hören einen Ton, der von innen kommt und nur selbst gehört werden kann. Pfeifen, Piepsen, Klopfen, Rauschen – der Ton kann unterschiedlich sein, unangenehm ist er allerdings immer.

„Man kann nicht vor ihm weglaufen“, sagt Karl Heinz Schütt aus Schopfheim, der seit knapp 30 Jahren mit dem Ton im Ohr lebt. Zwar gibt es Behandlungsmöglichkeiten, aber haben diese das Ziel, die Wahrnehmung des Geräusches in den Hintergrund zu stellen, es also zu „überhören“. Ist er einmal chronisch, bekommt man ihn nicht mehr los. Die Ursache ist bislang noch nicht geklärt. „Früher hieß es mal, dass er im Innenohr entsteht, dann waren Durchblutungsstörungen die Ursache, aktuell geht man wohl davon aus, dass der Tinnitus im Gehirn entsteht“, sagt Schütt.

Für die Betroffenen kein schönes Gefühl, immer wieder mit neuen Unbekannten konfrontiert zu werden. In den monatlichen Treffen der Selbsthilfe-Gruppe werden zum einen Erfahrungen ausgetauscht, zum anderen Übungen mit einer Atem- und Yogalehrerin sowie einer Musiktherapeutin gemacht. Beim Training geht es vor allem um Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen. „Durch die Übungen kann man sich ablenken, und plötzlich ist der Ton nicht mehr so wichtig“, sagt der 78-jährige Schütt. Während er über seine Krankheit spricht, wird auch der Tinnitus wieder schlimmer, da er über ihn spricht, sich also wieder auf ihn konzentriert. Auch bei Stresssituationen, wie zum Beispiel am Steuer, nimmt das „Ohrensausen“ zu. Dann hilft Ablenkung und Entspannung. Als weitere Ursache wird auch plötzlich auftretender Lärm genannt.

Die Tinnitus-Selbsthilfe-Gruppe Lörrach gibt es seit 1999, derzeit wird sie von 28 Betroffenen im Alter von Mitte 50 bis über 80 Jahren aus dem gesamten Landkreis Lörrach besucht. Hier finden die Menschen nicht nur Tipps zum Umgang mit der Krankheit oder erfahren von neuen Erkenntnissen der Deutschen Tinnitus-Liga Wuppertal, sondern spüren vor allem auch Verständnis. Denn einen Tinnitus jemandem zu beschreiben, der ihn nicht selbst hat, ist schwierig. Aber Fakt ist: Weghören, Ohren zuhalten oder weglaufen hilft nichts. „Das kann einen wahnsinnig machen und führt manchmal bis zum Suizid“, sagt Karl Heinz Schütt.

Auch wenn eine ärztliche Behandlung keine Heilung verspricht, ist der Besuch eines HNO-Arztes ratsam, da Tinnitus nicht selten von Schwerhörigkeit, Schwindel, Schlafproblemen und psychischen Problemen begleitet ist. Jedoch ist die Versorgung im Landkreis Lörrach an HNO-Ärzten bekanntlich knapp. „Ich muss lange warten, bis ich einen Termin bekomme“, sagt Schütt.

Einziger Lichtblick ist die Selbsthilfe-Gruppe, doch auch hier ging ein harter Kampf mit den Krankenkassen voraus. Der „FREIRaum“ am Chesterplatz wird der Gruppe von der Fritz-Berger-Stiftung zur Verfügung gestellt, doch natürlich müssen die Lehrer und Therapeuten bezahlt werden. Die jährlichen Kosten von 900 Euro müssten auf die 28 Personen verteilt werden. „Wir wollten aber, dass die Kassen das übernehmen. Wenn diese eine Kur, Psychotherapie oder gar eine stationäre Behandlung für die Betroffenen übernehmen müssten, würde sie das viel teurer kommen“, erklärt Schütt. Die Kosten werden nun von der DAK-Gesundheit in Lörrach übernommen, welche die Arbeit von Selbsthilfe-Gruppen in der Region fördert.

Für die Betroffenen gibt es dann nichts Schöneres, als dass das „Ohrensausen“ oder „Ohrenklingeln“ für eine kurze Zeit verschwindet. „Man muss es annehmen und mit dem Tinnitus leben lernen“, weiß Schütt.

u Die Tinnitus-Selbsthilfe-Gruppe Lörrach trifft sich jeden zweiten Mittwoch von 19.15 bis 20.45 Uhr im „FREIRaum“ (Chesterplatz 9, Lörrach). Auskunft und Anmeldung unter Tel. 07622/6882880.

Der Begriff Tinnitus aurium (lateinisch „das Klingeln der Ohren“) bezeichnet ein Symptom, bei dem der Betroffene Geräusche empfindet, denen keine äußeren Schallquellen zugeordnet werden können. Zutreffend heißt es auf Niederländisch Fantoomgeluid, also Phantomgeräusch. Es wird zwischen einem subjektiven und einem objektiven Tinnitus unterschieden. Der subjektive Tinnitus ist lediglich für den betroffenen Patienten vernehmbar, lässt sich akustisch aber nicht messen, da er keine Schallwellen aussendet. Der objektive Tinnitus beruht hingegen auf körpereigenen Störgeräuschen, die vom Arzt mit speziellen Geräten erfasst werden können. Der objektive Tinnitus tritt viel seltener auf. Quelle: wikipedia.de

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