Kreis Lörrach Lebensqualität auf hohem Niveau halten

Die Oberbadische
In Werkstätten fehlt es laut Experten noch am Rüstzeug im Umgang mit Demenz. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

HerausforderungDemenz bei Menschen mit Lernschwierigkeit bewegt Experten und Pflegekräfte

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Die Menschen werden älter, und mit dem Alter häufen sich Begleiterscheinungen wie Demenz. Das stellt nicht nur unmittelbar Betroffene vor große Herausforderungen, sondern auch Träger von Pflegeeinrichtungen. Ein Aspekt, dem in der Öffentlichkeit aber bisher kaum Beachtung geschenkt wurde, ist Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeit, wie dem Down-Syndrom, erklärten Christina Kuhn und Anja Rutenkröger am Donnerstagabend in der Lebenshilfe Lörrach.

Die beiden Expertinnen der Einrichtung „Demenz Support Stuttgart – Zentrum für Informationstransfer“ unterstützen eine Aufklärungskampagne, um neben Angehörigen auch in Sozialberufen tätige Menschen zu informieren. „Das ist ein neues Thema für die Behindertenhilfe, das massiv auf uns zukommt“, sagte Rutenkröger, denn Menschen mit Down-Syndrom hätten ein weitaus höheres Risiko als die Allgemeinbevölkerung, eine Demenzform zu entwickeln. Während 22 Prozent der über 84-Jährigen demenziell erkrankten, sei es jeder Dritte der 50- bis 60-jährigen Menschen mit Down-Syndrom.

„Insgesamt 1,5 Millionen Demenzkranke leben in Deutschland, und das Thema kommt in der Praxis an – das fordert Lösungen ein“, gab die promovierte Pflegewissenschaftlerin zu bedenken.

Deutschland hinke nicht nur in der Forschung anderen Ländern wie Großbritannien hinterher, auch auf praktischer Ebene des Wohnens und in Behindertenwerkstätten bestehe großer Nachholbedarf, was den Umgang mit Betroffenen angehe. „Auf internationaler Ebene gibt es rund 80 Diagnosetests, in Deutschland hingegen keinen“, machte Kuhn auf eine möglichst frühe Diagnosestellung aufmerksam. „Denn die Demenz verkürzt das Leben von Menschen mit Down-Syndrom erheblich, und es geht darum, aufgrund des rapiden Verlaufs, möglichst keine Zeit zu verlieren.“ Das Ziel lautet, die Lebensqualität Betroffener so lange es geht, auf einem hohen Niveau zu halten.

Im Alltag äußert sich eine Demenz bei Menschen mit genetischer Veränderung durch Verhaltensänderungen, die in Einrichtungen zu Konflikten unter den Bewohnern führen kann, konkretisierten die Referentinnen Symptome wie Sturheit, Schlaflosigkeit aber auch Verstimmtheit. Komme indes die Vergesslichkeit ins Spiel, befinde sich der Betroffene bereits in der mittleren Demenzphase. Im Alltag müssten Pflegende viel Gespür haben, um Erkrankte nicht zu überfordern, betonte Rutenkröger.

Eine weitere Herausforderung: Viele Menschen mit Lernschwierigkeit würden zuhause betreut, erkranke die Hauptbezugsperson an Demenz, müsse man versuchen, das Leben behinderter Menschen zu stabilisieren. „Bisweilen kommt es dann zu einem Rollentausch – eine Überforderung ist geradezu programmiert, wenn zuvor Betreute die Rolle des Pflegenden übernehmen“, sagte Kuhn. Auch hier könne die Wissenschaft noch nicht mit Forschungsergebnissen aufwarten. Ein Fazit lautete, dass Einrichtungen das Rüstzeug brauchen, um der Herausforderung begegnen zu können.

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