Kreis Lörrach Partnergewalt steigt auf Rekordhoch

Michael Werndorff
Die Kriminalitätsstatistik führt für das vergangene Jahr 532 Fälle an Partnergewalt auf – deutlich mehr als im Jahr 2022. Foto: pixabay

Der Landkreis Lörrach bleibt wegen der Grenzlage die Region mit der höchsten Kriminalitätsbelastung: Für das vergangene Jahr registriert das Polizeipräsidium Freiburg einen starken Anstieg an Straftaten im öffentlichen Raum.

Im Vergleich aller Landkreise in Baden-Württemberg nimmt der Landkreis wieder den Spitzenplatz ein – das geht aus der am Montag vorgestellten Kriminalitätsstatistik des Polizeipräsidiums Freiburg hervor.

Insgesamt 28 860 Straftaten hat das Polizeipräsidium Freiburg für den Landkreis registriert – 9411 mehr als im Vorjahr. Zieht man die Straftaten im Zusammenhang mit dem Ausländerrecht ab, sind es unter dem Strich 16 253 Fälle, wie aus dem Zahlenwerk hervorgeht, das Matthias Zeiser, Polizeivizepräsident, und Nico Schuster, Leiter der Kriminalpolizeidirektion, in Tiengen präsentierten. Damit führt der Landkreis Lörrach die Kriminalitätsstatistik auch in diesem Bereich an. Gestiegen ist laut Zeiser aber auch die Aufklärungsquote aller Straftaten, und zwar von 68,7 auf 79,9 Prozent.

Gleichwohl weise der Landkreis im Vergleich die höchste Häufigkeitsziffer auf – mit und ohne Delikte im Ausländerrecht, kommentierte Zeiser die Zahlen. Diese Ziffer sei stark belastet durch die Zuwanderung, die sich auch in anderen Deliktbereichen widerspiegele. 43,7 Prozent aller Straftaten seien solche nach dem Ausländerrecht, die demnach nur Ausländer begehen könnten. Darunter fallen zum Beispiel unerlaubte Grenzübertritte, die überwiegend von der Bundespolizei bearbeitet würden. Dementsprechend stieg auch die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen an.

Demnach verzerren die vielen illegalen Einreisen im vergangenen Jahr die Kriminalitätsstatistik. Die verstärkte Kontrolltätigkeit der Bundespolizei kommt insbesondere im Bereich „Straftaten im öffentlichen Raum“ zum Tragen: Hier fallen 12 274 ausländerrechtliche Verstöße zu Buche – ein Zehn-Jahres-Höchstwert nach 4181 im Vorjahr. Im Nachbarlandkreis Waldshut-Tiengen beträgt dieser Wert 162.

Diese Entwicklung der Kriminalitätsstatistik gelte es einzuordnen, so Zeiser: Zum Tragen kommen der individuelle wirtschaftliche Druck, eine erhöhte Dynamik nach dem Wegfall der Corona-Auflagen sowie die zunehmende Migration nach Deutschland. Und: Junge Männer hätten statistisch eine höhere Wahrscheinlichkeit, straffällig zu werden; zudem spielten Gewalterfahrungen im Heimatland oder auf der Flucht und das Thema Integration eine Rolle. Letztlich trage aber jeder selbst die Verantwortung für sein Handeln, betonte der Polizeivizepräsident.

Diebstahlsdelikte

Laut Zeiser erfreulich: Bei den Diebstahlsdelikten weist der Kreis den niedrigsten prozentualen Anstieg aller Kreise im Bereich des Polizeipräsidiums Freiburg auf. Hier zählt die Statistik 1558 Delikte nach 1546 im Vorjahr. Der sogenannte einfache Diebstahl steigt um 16 Prozent, bei Ladendiebstahl zeigt die Statistik ein Plus von 33 Prozent, und der Diebstahl unter erschwerten Umständen weist lediglich einen Anstieg von 1,5 Prozent auf, während er auf Landesebene um elf Prozent zulegt. Eine steigende Tendenz (rund 59 Prozent) gibt es beim Motorrad- und Moped-Diebstahl, und bei den Wohnungseinbrüchen ist ein Zuwachs von 48 Prozent zu verzeichnen. Damit liegt dieser Bereich noch unter dem Niveau von vor Corona und 33 Prozent unter dem Jahresschnitt.

Rohheitsdelikte

Derweil stiegen die Rohheitsdelikte um rund 20 Prozent an, bei Körperverletzungen ist ein Plus von 17 Prozent festzustellen, was Zeiser zufolge die schlechteste Entwicklung aller Kreise im Polizeipräsidium Freiburg darstelle. Bei den Körperverletzungen steigt sowohl der Anteil der deutschen als auch der nichtdeutschen Tatverdächtigen. Mit den zunehmenden Flüchtlingszahlen zeigt sich auch hier eine Tendenz nach oben: Im Vergleich zum Vorjahr sind 66 Prozent mehr Asylsuchende tatverdächtig.

Spitzenreiter im Land

Der Landkreis Lörrach ist in Sachen Kriminalitätsbelastung im Verhältnis zur Einwohnerzahl Spitzenreiter in Baden- Württemberg. Die Grenzlage mit der Nähe zur Schweiz und Frankreich spiele eine Rolle, befand der Polizeivizepräsident. Was die Städte im Landkreis angeht, führt Weil am Rhein mit 15 405 erfassten Delikten, gefolgt von Lörrach (4625), Rheinfelden (2931) und Schopfheim (1345).

Sexuelle Selbstbestimmung

Im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung registriert das Präsidium bei den Fallzahlen ein Höchstwert im Zeitraum der vergangenen zehn Jahre: So ist die Zahl der Delikte im Kreis von 300 im Jahr 2022 auf 331 im vergangenen Jahr gestiegen. Während der Anteil deutscher Tatverdächtiger leicht steigt, ist jener der nichtdeutschen leicht rückläufig. Es handele sich um den höchsten prozentualen Anstieg in allen Kreisen des Polizeipräsidiums.

Partnergewalt

Ebenfalls ein Rekordhoch im Zehnjahresvergleich registriert die Polizei bei der Partnergewalt: 532 Fälle führt die Statistik auf – im Vorjahr waren es 387. Mehr Fälle kämen zur Anzeige, was Zeiser unter anderem mit der Netzwerkarbeit und der Bereitschaft der Opfer, sich an die Polizei zu wenden, erklärte.

Rauschgiftkriminalität

Der Landkreis Lörrach hat im Vergleich zu den anderen Kreisen des Polizeipräsidiums den geringsten prozentualen Rückgang und zählt mit 1497 Fällen die dritthöchsten Fallzahlen. Beim Handel und Schmuggel ist ein Anstieg zu erkennen, und 72,7 Prozent aller Besitzverstöße sind im Zusammenhang mit Cannabis zu sehen. Das Cannabisgesetz sei kurzfristig gekommen, noch gebe es viele offenen Fragen, so Zeiser. „Die oberste Priorität hat der Schutz junger Menschen.“ Man werde auch bei Schulen und Spielplätzen genau hinschauen.

Mehr Personal

Das Polizeipräsidium wird innerhalb der nächsten drei Jahre mehr Personal erhalten: Laut Zeiser geht es um rund 100 Stellen. Wie viele Beamte dem Kreis Lörrach zugewiesen würden, konnte er auf Nachfrage nicht sagen. Mehr Stellen heiße nicht, dass diese auch zeitnah besetzt werden könnten. „Wir suchen dringend Nachwuchs.“ Das Polizeipräsidium Freiburg ist mit seinen 2450 Beschäftigten, davon 2000 Vollzugsbeamte, für eine Fläche von 4000 Quadratkilometern verantwortlich.

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