Kreis Lörrach Wenn die Rente nicht ausreicht

Maja Tolsdorf
Rentner im Landkreis Lörrach können sich im Vergleich zu anderen Gebieten Baden-Württembergs mit am wenigsten leisten. Foto: pixabay

Viele Senioren im Landkreis Lörrach müssen im Tafelladen einkaufen, weil sie sich von ihren Altersbezügen allein keinen angemessenen Lebensstandard finanzieren können. Eine Studie von Prognos geht diesem Phänomen nach.

Der Landkreis Lörrach zählt mit Freiburg und Waldshut zu den Regionen Deutschlands, in denen die Kaufkraft der Rentner am niedrigsten ist. Dies zeigt eine Studie des Forschungsinstituts Prognos. Die Zahlen des Landratsamts belegen das Ergebnis der Studie und zeigen zudem auf, dass die Armut der hiesigen Rentner keine Momentaufnahme, sondern eine Entwicklung ist, die sich weiter zuspitzt. So legt das Landratsamt auf Anfrage unserer Zeitung die Zahlen der Empfänger von Grundsicherung vor, die älter als 65 Jahre sind.

Steigende Zahlen

Im Landkreis Lörrach waren es 1112 Leistungsempfänger im Jahr 2020, im Jahr 2021 waren es 1189 Menschen, 2022 lag die Zahl bei 1442 und 2023 bei 1542 Menschen über 65 Jahren. Personen, die Grundsicherung beziehen, gelten häufig als armutsgefährdet, weil ihre finanziellen Mittel nicht für einen angemessenen Lebensstandard ausreichten, teilt Landratsamts-Sprecherin Mai-Kim Lâm mit. Die Erhöhung der Empfängerzahl seit 2022 hänge allerdings damit zusammen, dass seither Geflüchtete aus der Ukraine hinzugekommen sind, die ebenso Grundsicherung erhalten, so Lâm weiter.

Schmale Renten

Das Leid derer, die vielleicht ein Leben lang gearbeitet haben, aber trotzdem nur über eine kleine Rente verfügen, vermag sich der Außenstehende nicht vorzustellen. Reinhard Ihl, Vorsitzender der Tafel Dreiländereck, und Ladenleiterin Angelika Kiefer sind mit ihrer Arbeit nah dran am Schicksal der Rentner im Landkreis. Auch, dass viele Senioren benachteiligt seien und die „Renten schmal“ sind, kann Ihl aus seiner Arbeit für die Tafel Dreiländereck bestätigen. Denn er stellt auch die Berechtigungsausweise aus, für die Betroffene ihre finanziellen Verhältnisse offenlegen müssten. Etwa 1000 Haushalte versorge die Tafel Dreiländereck, die Hälfte davon seien Geflüchtete aus der Ukraine, die zweitgrößte Gruppe stellten mit etwa 300 Menschen die Rentner, etwa 200 seien Asylbewerber.

Leben besonders teuer

Die Kombination aus regionalem Rentenzahlbetrag und Preisniveau ist laut Prognos-Studie in Baden-Württemberg stark unterschiedlich. Insgesamt ist die Kombination aus regionalem Rentenzahlbetrag und Preisniveau ungünstig: Nur in 14 der 44 Stadt- und Landkreise liegt die Rentenkaufkraft über dem Bundesschnitt (1036).

In Freiburg ist das Leben besonders teuer. Das ergibt – zusammen mit geringen Altersbezügen – die landesweit niedrigste Rentenkaufkraft mit 862 Euro, dicht gefolgt von Lörrach mit 864 Euro. Dahinter rangiert Waldshut mit 871 Euro. Rentner im Zollernalbkreis verfügen mit 1108 Euro monatlich über die höchste Kaufkraft. Es folgen der Enzkreis (1095) sowie die Landkreise Rottweil (1093) und Heidenheim (1083). Die geringe Rentenkaufkraft der Kreisstadt Lörrach ergibt sich laut Prognos-Beraterin Leilah Dismond aus dem Zusammenspiel eines überdurchschnittlichen Preisniveaus und relativ geringen Rentenzahlbeträgen.

Grenznähe zur Schweiz

Die Grenznähe der Schweiz könnte dabei eine Rolle spielen, was die Studie von Prognos aber nicht ausweist. Denn die geringen Rentenzahlbeträge im Landkreis könnten natürlich auch damit zusammenhängen, dass Arbeitnehmer in der Schweiz Teile ihrer späteren Rente aus der Schweiz beziehen. Zugleich sorgt die Schweiz für ein höheres Preisniveau. Eine mögliche Ursache für niedrigere Rentenzahlbeträge könnte aber auch der wirtschaftliche Strukturwandel Lörrachs sein, mit der Schließung von Textilbetrieben, wie Prognos erklärt. Dieser Prozess begann in den 1960er-Jahren, dauerte teils bis heute an und führte zu höherer Arbeitslosigkeit. Dieser Einschnitt dürfte sich laut Prognos auf die Rentenbiografien auswirken.

Viele schämten sich

Für die Senioren im Landkreis, die tatsächlich niedrige Renten beziehen, sind die hohen Preise eine Belastung. „Viele schämen sich, bei der Tafel einkaufen zu müssen“, sagt Reinhard Ihl. Gerade bei älteren Menschen sei das sehr ausgeprägt.

  • Bewertung
    8

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading