Kultur Klangkörper von erstaunlicher Einheit

Die Oberbadische
Ulrich Winzers singende und musizierende Legion leistete am Sonntag im Burghof einen ebenso außergewöhnlichen wie gehaltvollen Beitrag zum Lörracher Stimmen-Festival. Foto: Walter Bronner Foto: Die Oberbadische

Stimmen I: Blasorchester „Lure“ mit Chören und Sopranistin Claudia Götting begeisterten

Von Walter Bronner

Lörrach. Mit einem ebenso spannenden wie effektbetonten Konzert im Burghof erfuhr das Lörracher Stimmen-Festival am Sonntag einen schwergewichtigen und außergewöhnlichen Beitrag. Geleistet wurde er vom Blasorchester „Lure“ zusammen mit den rund 80 Sängerinnen und Sängern der Sundgauer „Chorilla“ sowie des Kammerchors „Schöne Töne“ und Claudia Götting als Sopran-Solistin unter Leitung von Ulrich Winzer.

Dabei präsentierte der ambitionierte Dirigent die dreiteilige Besetzung als einen wohlgeformten Klangkörper von erstaunlicher Einheit und Ausgewogenheit. Und wie schon oft erwies sich Winzer einmal mehr als ein Programmgestalter, der eigene Akzente setzt.

Beispiel: Entgegen üblicher Praxis stellte er das Hauptwerk des Abends gleich an den Anfang. Es war dies das 50 Minuten dauernde und alle aufgebotenen Kräfte stark fordernde „Magnificat“ des 2015 verstorbenen Belgiers André Waignein. Neben den obligaten Sequenzen des Marianischen Lobgesangs enthält das gewaltige Werk auch Texte anonymer Autorschaft und Betrachtungen des mittelalterlichen Kirchenlehrers und kritischen Theologen Petrus Abelard. Mithin differenzierte Wortgrundlagen für eine ebenso differenzierte musikalische Ausdeutung, die auf Stilformen der klassischen Moderne ebenso aufbaut wie auf denen der Romantik. Wohlklingende Musik also, die leicht fassliche Melodien in eigenwillige, gleichwohl faszinierende Harmonien kleidet, zugleich ein gerüttelt Maß an Pomp und Pathos entfaltet und ebenso durch Momente kontemplativer Klanganmut bezaubert.

Letzteres vor allem in den Sopran-Soli, die Claudia Götting mit intonationssicherem Schmelz und ganz offenkundig auch viel Herzblut absolvierte. Dass die Leuchtkraft ihrer Stimme in extremen Höhenlagen vereinzelt leicht nachließ, beeinträchtige die ausgezeichnete Vortragsleistung nicht im Geringsten.

Klangliche Schönheit und Hörvergnügen mit Pfiff

Nicht minder bewundernswert profilierte sich der Chor mit klanglicher Schönheit, sicherer Intonation und differenziertem Ausdruck. Dies in konkurrenzfreier Übereinstimmung mit dem flexibel agierenden Orchester, dessen rhythmisch markantes, perkussiv pointiertes und durch massive instrumentale Staccato-Ketten vitalisiertes Spiel passagenweise von einem geradezu ekstatischen Geist erfüllt war.

Hörvergnügen mit Pfiff bereiteten „Lure“ und die Sängerin nach der Pause mit „Five Folksongs for Soprano and Band“ von Bernard Gilmore. Die originellen Bearbeitungen der teils recht kapriziösen Schmankerln aus dem Volksgut Irlands, Amerikas, Griechenlands, Spaniens und der Schtetl-Kultur vereinten wechselweise dramatische und humoristische Ausdrucksnuancen aufs Schönste. Etwa im herrlich komischen Lamento über einen toten Esel des spanischen oder in den amüsanten Do-re-mi-fa-so-la-ti-Schlenkern des jiddischen Songs.

Die sinfonische Dichtung „Give us this Day“ von David Maslanka beschloss das offizielle Programm. Hymnische Klangpracht und rhythmischer Kontrastreichtum prägen diese zweisätzige, von christlichen und buddhistischen Glaubensinhalten inspirierte Tonschöpfung, mit der die „Lure“-Musiker ihre hochkarätige Interpretations-Qualität noch einmal mitreißend demonstrierten. Es gab minutenlangen Beifall. Und als Zugabe die Wiederholung der vitalen „Fecit potentiam“-Sequenz aus dem Waignein-Magnificat.

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