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Lörrach Alters-WG nur eine Fiktion?

Die Oberbadische
Christoph Poschenrieder hat sich in seinem neuen Roman über alternative Wohnformen im Alter so seine Gedanken gemacht.                                                                                                                                      Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Lesung: Christoph Poschenrieder liest aus „Mauersegler“

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Ein aktuelles Thema, vielleicht sogar ein Zukunftsmodell, aber wie sieht es damit in der Realität aus: Gibt es die vielgepriesene Alten-WG in Deutschland überhaupt? Und wenn ja, funktioniert sie?

Das ist das unterschwellige Thema des neuen Romans „Mauersegler“ des Münchner Autors Christoph Poschenrieder, aus dem er in der Lörracher Stadtbibliothek (in Kooperation mit der Weiler Buchhandlung Müller) las. Die Senioren-Wohngemeinschaft, von der alle reden, ist sehr selten; angeblich aber ein Trend, über den mehr nachgedacht als danach gelebt wird.

Kein leichtes Thema, aber der 51-jährige Autor, früher Lokaljournalist und Dokumentarfilmer, schreibt relativ leicht und locker darüber. Der Roman hat etwas von einer modellhaften Anordnung. Fünf Herren, alles Gentlemen, die sich zum Diner umziehen, kennen sich von Kindesbeinen an. Warum, so sagen sie sich, soll jeder im Alter allein herumsitzen und Trübsal blasen? Da ist es doch besser, Freundschaft und Kontakte zu erhalten – und so gründen sie eine WG in einer Villa am See.

Denn, so verrät der Klappentext, es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern wie und mit wem man alt wird. Das Cover zeigt eine Villa mit Park, ein expressionistisches Gemälde von Erich Heckel. So könnte man sich ihr Domizil vorstellen, muss aber nicht.

Hier wollen es sich die gut situierten Herrschaften, die Karriere gemacht haben, alleinstehend, ohne Nachwuchs, noch einmal gut gehen lassen: ein Justiziar, beinamputiert, der als erster von der kirgisischen Pflegeschwester Katarina – der einzigen Frau, die im Buch eine Rolle spielt – gepflegt werden muss; ein reicher Software-Guru, generöser Stifter und Spiritus rector der elitären WG, der für seine Mitbewohner am Computer ein „Todesengelprogramm“ schreibt; ein genialer Theatermann; ein Food-Designer und Hungerkünstler, so ein 45-Kilo-Männchen. Und da wäre noch der Ich-Erzähler, Journalist und Schöngeist, als Chronist der WG für den heiteren Kommentar zuständig: Alles alte Männer, aber noch bei Verstand.

Ein Thema, das im ganzen Buch eine bedeutende Rolle spielt, kommt ständig auf den Tisch: Sterbehilfe. Das Software-Programm wird bis zum bitteren Ende durchgezogen. Poschenrieder hat mit subtilem Humor und sanfter Ironie dieses schlanke Buch geschrieben, aber es war nötig, um sich mal über alternative und neuartige Wohnformen im Alter Gedanken zu machen.

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