Lörrach Bartträger in Topform und mit Ausdauer

Die Oberbadische

Stimmen-Festival: ZZ Top begeistert auf dem ausverkauften Marktplatz 90 Minuten lang das Publikum

Von Adrian Steineck

Lörrach. ZZ Top sind eine der großen Konstanten der Rockmusik. Mit Ausnahme einer kurzen Findungsphase nach der Bandgründung im Jahr 1969 tritt das texanische Trio seit 1970 in unveränderter Besetzung auf. Gitarrist Billy Gibbons, Bassist Dusty Hill und Schlagzeuger Frank Beard sind ein eingespieltes Team, das sein Zusammenspiel in unzähligen Konzerten perfektioniert hat.

Es kann also nicht viel schiefgehen beim Auftritt auf der großen „Stimmen“-Bühne. Der Marktplatz ist seit Wochen ausverkauft, die 5000 Fans – die ersten stehen bereits mehr als zwei Stunden vor Einlassöffnung an, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern – sind bester Dinge. Dann aber zieht um 18 Uhr ein heftiges Gewitter über Lörrach. Droht dem Open-Air-Konzert das gleiche Schicksal wie Amy MacDonalds geplantem Auftritt in Singen am Hohentwiel, der zwei Tage zuvor wegen eines Unwetters abgebrochen werden musste?

Weit gefehlt. Zwar kauft sich so mancher Besucher der Vorsicht halber noch schnell einen Regenschutz, aber als um kurz vor 20 Uhr Festivaldirektor Markus Muffler die Bühne betritt – ein „ganz lieber, sympathischer Kerl“, wie ein Besucher anerkennend sagt, hält der Himmel seine Schleusen dicht.

Groovendes Fundament aus Schlagzeug und knochentrockenem Bass

Die Party kann beginnen. Das Eröffnungsstück „Got Me Under Pressure“ vom kommerziell erfolgreichsten ZZ Top-Album „Eliminator“ (1983) beginnt mit lauten Motorengeräuschen, die Langbärte Gibbons (67) und Hill (68) betreten die Bühne, Frank Beard (68), der ironischerweise als Einziger den Bart nur im Namen trägt, nimmt hinter seinem Schlagzeug Platz. Die musikalische Ausrichtung ist klar: Beard und Bassist Dusty Hill legen ein groovendes Fundament aus Schlagzeug und knochentrockenem Bass, auf dem Billy Gibbons seine bluesgetränkten Soli ausbreiten kann. Und das tut er ein ums andere Mal, sei es bei den Klassikern „Waitin‘ For the Bus“ und „Jesus Just Left Chicago“ vom 1973er-Album „Tres Hombres“ oder neueren Stücken wie „My Head’s in Mississippi“ von 1991.

Dass ZZ Top neben Bands wie den Rolling Stones auch den elektrischen Blues eines B.B. King zu ihren Einflüssen zählen, wurde im Verlauf des Konzerts immer wieder deutlich. Mit den Worten „It’s Bluestime“ übergibt Gibbons das Gesangsmikrofon an seinen Kollegen Dusty Hill, der eine mitreißende Version des „Catfisch Blues“ (1941) von Robert Petway singt. Apropos Worte: Viele verliert Gibbons bei dem Konzert nicht, die mehrfach wiederholte Frage „Are You having a good time now?“ muss reichen.

Aber mehr braucht es auch nicht, da jedes synchrone Schwenken der Gitarrenhälse von Gibbons und Hill frenetisch bejubelt, jedes Stück begeistert gefeiert wird. ZZ Top präsentieren sich als grundsympathische Vollblutmusiker, die selbst so wirken wie ein Teil ihres Publikums: bärtige Motorradfans, denen aber der Schalk und die Gutmütigkeit aus den Augen blitzen.

Das längste Konzert seit 20 Jahren

„Ich bin überrascht, wie gut die heute sind“, sagt ein begeisterter Fan, der die Band schon mehrfach gesehen hat. In der Tat haben die Bärtigen einen Sahneabend erwischt, der nach 70 Minuten mit dem Hit „Legs“ (1983) vorläufig endet. Das Stück wird auf Gitarren präsentiert, die mit weißem Plüsch verkleidet sind, was sich zwar nicht restlos erschließt, aber für Begeisterung sorgt.

Zweimal lassen sich ZZ Top für die Zugaben „La Grange“, das direkt in den „Sloppy Drunk Jam“ übergeht, und das Elvis Presley-Cover „Jailhouse Rock“ zurück auf die Bühne bitten, dann ist nach 90 Minuten wirklich Schluss.

Das kann man als Fan arg kurz finden – oder wie ein begeisterter Besucher jubeln, da es „das längste Konzert seit 20 Jahren“ war.

Vor ZZ Top heizte die US-amerikanische Bluesrockband „The Red Devils“ dem Publikum ein. Mit eigenen Stücken und Klassikern wie „Just Your Fool“ (1953) von Buddy Johnson konnten sie punkten und erhielten von Beginn an mehr als nur höflichen Applaus. Dass letzteres Stück jüngst von den Rolling Stones auf ihrem Coveralbum „Blue and Lonesome“ (2016) aufgenommen worden war, kam sicherlich nicht von ungefähr, hat die Gruppe doch bereits mit Stones-Frontmann Mick Jagger einige Stücke aufgenommen.

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