^ Lörrach: Bewohner zweier Welten, Mittler zwischen Kulturen - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Bewohner zweier Welten, Mittler zwischen Kulturen

Die Oberbadische
Rafik Schmi beim Signieren seiner Werke Foto: Ehrlich Foto: Die Oberbadische

LiteraturDer Schrifsteller Rafik Schami las im Burghof aus seinem Roman „Sophia“ / Osiander-Spende

Von Beatrice Ehrlich

Lörrach. Durch die Flüchtlinge ist die Lage in Syrien den Deutschen plötzlich ganz nahe. In Zeiten wie diesen ist der Schriftsteller Rafik Schami, der 1971 nach Deutschland kam und auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, als Redner noch gefragter als sonst.

Die Zuhörer hängen förmlich an seinen Lippen, als er den Inhalt seines gerade neu erschienen Romans „Sophia“ wie gewohnt in fesselnder freier Rede wiedergibt – ohne das Buch überhaupt nur aufzuschlagen. Buchstäblich sprachlos fühlt man sich angesichts dieses promovierten Chemikers, der sich die deutsche Sprache in so brillanter Weise zu eigen gemacht hat.

Die Handlung seines ersten „Thrillers“ – als solchen bezeichnet Schami seinen Roman – ist vergleichbar mit einem Netz verwandtschaftlicher Beziehungen, das sich über mehrere Generationen entwickelt. Charakteristisch für ihn schweift er immer wieder ab – „das erzähle ich Ihnen später“ –, greift zurück, doch es gelingt ihm, alle Handlunsgstränge am Ende wieder zusammenzuführen.

Vieles in diesem Buch, in dem Rafik Schami eine für seine Verhältnisse sehr lange Geschichte erzählt, entspringt dem eigenen Erleben in Syrien, im Libanon und im selbstgewählten Exil in Deutschland.

Die Geschichte von Sofia, ihrem Jugendfreund Karim, ihrem Sohn Salman, Tante Amalia und wie sie alle heißen, ist eine sehr persönlich gefärbte Chronik der letzten 70 Jahre, vom Abzug der Franzosen bis hin zum „arabischen Frühling“. Immer wieder flicht Schami Erklärungen in seine packende Romanhandlung ein, zur arabischen Welt im allgemeinen und zu Syrien im Besonderen – genau dosiert, immer gerade so viel, dass der Spannungsbogen nicht abbricht.

Wie unvermutet nah und doch auch fremd diese Welt doch ist, in der das Individuum weit mehr als bei uns in familiäre Zwänge eingebunden ist, wird den Zuhörern im Laufe dieses Abends deutlich. Hinzu kommt unser dürftiges historisches Wissen über den Nahen Osten. Doch der Zauber von Schamis Erzählkunst ist universell: Wie er Stimmungen, Gedanken und Gefühle mündlich in eine poetische Sprache und anschauliche Metaphern überträgt, sucht seinesgleichen. Seine Erzählweise lässt Figuren wie Orte plastisch hervortreten, mit Leben gefüllt ist der gesamte lange Zeitraum.

Als Bewohner zweier Welten, wenn auch sein Wohnsitz seit vielen Jahren in Deutschland liegt, hat es sich Schami zur Aufgabe gemacht, Mittler zu sein zwischen der arabischen Kultur und den Deutschen und ihren Eigenheiten. Er tut dies meist liebevoll, mit einem Augenzwinkern, vereinzelt auch mit beißender Kritik.

Heinrich Riethmüller, Geschäftsführer der Buchhandlung Osiander, ist dieser denkwürdige und vergnügliche Erzählabend im Lörracher Burghof zu verdanken. Schon seit über dreißig Jahren organisiert er Lesungen mit Rafik Schami – anfangs kamen gerade einmal 15 Zuhörer, erinnert er sich – und ist dem syrisch-deutschen Schriftsteller freundschaftlich verbunden. Rafik Schamis Kinderhilfsverein „Schams“ unterstützt Osiander mit einer Spende in Höhe von von 10 000 Euro, die durch den Verzicht auf Weihnachtsgeschenke für die Mitarbeiter sowie einen dicken Zuschuss von der Geschäftsleitung zusammengekommen ist. In einem aktuellen Projekt wird damit 400 syrischen Flüchtlingskindern in der Türkei eine durchgehende Schulausbildung bis zum Abitur ermöglicht.

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