^ Lörrach: Brückenbauen für ein friedliches Miteinander - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Brückenbauen für ein friedliches Miteinander

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Moshe Flomenmann                   Foto: zVg/Juri Junkov Foto: anl

Für die jüdische Gemeinde in Lörrach sind Kultur und Religion unzertrennlich miteinader verwoben

Der diesjährige Europäische  Tag der jüdischen Kultur findet morgen unter dem Motto „Brücken“ statt. Auf der Suche nach den Spuren der jüdischen Kultur in Lörrach haben wir uns  auf den jüdischen Friedhof begeben, den Landesrabbiner  Moshe Flomenmann zum Gespräch gebeten und in der Innenstadt  nach  weiteren jüdischen Kulturgütern Ausschau gehalten.

Der Europäische Tag der jüdischen Kultur findet morgen unter dem Motto „Brücken“ statt. Dennis Kalt hat sich mit dem Landesrabbiner von Baden und Rabbiner der israelitischen Kultusgemeinde Lörrach, Moshe Flomenmann, über das Thema jüdische Kultur unterhalten.

Herr Flomenmann, was ist mit dem Begriff „Brücken“ in Bezug auf die jüdische Kultur gemeint?

Damit sind Brücken im Geiste gemeint, die dazu dienen dem Ziel des Verständnisses und eines friedlichen Miteinanders näher zu kommen. Diese Brücken können sowohl zwischen den einzelnen Religionen, als auch innerhalb der jüdischen Gemeinde errichtet werden.

Könnten Sie diese Brücken anhand von Beispielen konkretisieren?

Die Gruppe Abraham setzt sich durch einen interreligiösen Trialog zwischen Christen, Juden und Muslimen dafür ein, Vorurteile abzubauen und mehr über die jeweils anderen Religionen zu erfahren. Wir haben am 6. September einen Tag der offenen Tür, an dem am Judentum interessierte Bürger Fragen stellen können. Weiter bieten wir Führungen für Schulklassen an. Ebenso können interessierte Bürger mit uns den Sabbat feiern und unsere Synagoge besuchen. Wir sind generell offen gegenüber Interessierten jeglichen Glaubens und suchen den Dialog.

Gibt es neben diesen Brücken des Dialoges und der Offenheit auch noch andere?

Ja, zum Beispiel veranstalten wir am 8. November dieses Jahres ein Konzert zu dem wir einen Kantor aus Wien einladen. Durch seine schöne Stimme und den synagogalen Gesang werden die Zuhörer vielleicht dazu angeregt die Synagoge zu besuchen, um dort weiter in den Genuss von synagogalen Klängen zu kommen. Neben musikalischen können aber auch kulinarische Brücken gebaut werden. Beispielsweise werden im koscheren Café Baegels verkauft. Viele Menschen fragen sich, wieso gerade dieses runde Gebäck angeboten wird, weil Sie nicht wissen, dass es sich bei diesem Produkt um ein ursprüngliches jüdisches Rezept handelt. Durch solche Fragen kommen dann oft Dialoge zustande, welche die jüdische Kultur und Traditionen anschneiden und somit Verständnis und Aufklärung hervorbringen.

Inwiefern sind die Begriffe Religion und Kultur im Judentum voneinander zu trennen und wie hängen diese zusammen?

Es gibt judaistische Gebraüche, Musik und Speisen, die man natürlich per se als kulturell bezeichnen kann. Jedoch sind Kultur und Religion oftmals stark miteinander verwoben. Beispielsweise handelt es sich beim Tscholent um ein klassisch jüdisches Eintopfgericht. Für sich genommen ist dies etwas rein kulinarisches, also kulturelles. Da dieses Gericht oft als Mittagsmahlzeit am Sabbat gegessen wird, unterliegt es speziellen religiösen Zubereitungsregeln. So wird es am Freitag vor Sabbatbeginn zum Kochen gebracht und bei geringer Hitze bis zum Samstagmittag fertig gegart und warm gehalten. Damit vermischen sich also Kultur und Religion. In unserer Gemeinde geht es gleichzeitig um das Erleben und Pflegen der Kultur, um die Ausübung der Religion und auch um soziale Aspekte. Oftmals dienen auch kulturelle Aspekte als Brücken, um den Zugang zur Religion wieder zu entdecken. Beispielsweise wurde die religiöse Identität der Russischer Juden im früheren Russland zerstört. Viele zugezogene Juden aus der Ex-Sowjetunion entdecken erst wieder durch Gespräche mit den Mitgliedern der Gemeinde und durch gemeinsame kulturelle Erfahrungen den verstärkten Zugang zur jüdischen Religion.

Gibt es in Lörrach genug öffentlichen und privaten Raum, um dem Glauben nachzugehen und die jüdische Kultur zu pflegen?

Unsere Aktivitäten umfassen soziale Hilfen, religiöse Unterweisungen, Sabbatfeieren, jüdische Feste und kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte. Es wird ein jüdisches Café mit koscheren Angeboten sowie einen Supermarkt mit einem koscheren Warensortiment und eine Kindergrippe geben. Dies ist für eine 50 000-Einwohner-Stadt mit einer jüdischen Gemeinde, die knapp 500 Mitglieder zählt, recht zufriedenstellend. Natürlich sind nach oben hin keine Grenzen gesetzt – ein jüdischer Kindergarten oder eine jüdische Schule. Entscheidend ist aber nicht die Quantität sonder die Qualität der Infrastruktur. Diese muss mit Inhalt und Vitalität gefüllt werden.

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