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Lörrach Chaos und Schmerz als Wesen der Welt

Die Oberbadische
Die erfolgreiche Unternehmerin und ihr Geliebter Foto: König Foto: Die Oberbadische

Theater : Tempus fugit zeigt „Kleinspende: Fühlen sie sich noch schön?“

Von Ursula König

Lörrach. Auf der richtigen Seite stehen: Dieser Satz liest sich leicht. Doch wie einfach ist die Umsetzung, wenn Menschen in Systeme verstrickt werden, die nicht so leicht zu durchschauen sind?

Die Sommergruppe des Theaters Tempus fugit setzt ein Stück des Jungautors Maximilian Holm um. „Kleinspende: Fühlen Sie sich noch schön?“ ist keine leichte Kost. Noch dazu wird lautstark diskutiert. Dafür hat sich das Regiekollektiv bewusst entschieden.

Die Produktion zeigt schwerwiegende Themen persönlicher Entwicklung, eingebunden in aktuelle gesellschaftliche Konflikte. Die Verstrickungen eines kleinen Dorfes werden zum Sinnbild globaler Strömungen. Die große Politik spiegelt sich auf mikrokosmischer Ebene wider.

Der Umgang mit dem Fremden in einem sich selbst tragenden System steht ebenso im Vordergrund wie die Suche nach Lösungen, wenn tragische Vorkommnisse dieses System erschüttern.

Zu Beginn wird Amir (Julius Engelbach) gezeigt: ein Flüchtling, der mit anderen an diesem Ort gestrandet ist. Er hadert mit sich; versucht im Gespräch mit seinem Gott den Selbstekel zu überwinden, den er nach einem „Fehltritt“ verspürt. Denn eigentlich ist er der Geliebte der Unternehmerin Milanova (Giulia Hilpert), die mit einer selbst entwickelten Creme enorme Umsätze macht.

Die nächste Szene zeigt den Regisseur Konstantin (Rasmus Friedrich), der einer Gruppe Regieanweisungen gibt. Als Schattenspiel wird „der Zug der Namenlosen“ in Szene gesetzt. Nirgendwo ankommen mit einer Wunde, die nie verheilen wird, greift das aktuelle Thema Geflüchteter auf, „die sonst in unserer Gesellschaft keine Stimme haben“. Allerdings wird dem Regisseur, der die Kunst verkörpert, vorgeworfen, fernab von der „realen Welt“ zu agieren. Diese Welt stehe am Abgrund und verkörpere Chaos, Leid und Schmerz.

Der Bürgermeister (Maximilian Scheible), der zu seinem Geburtstag eingeladen hat, möchte den Schein der Normalität wahren. Als ehemaliger Außenseiter, der sich für eine freiere Gesellschaft einsetzte, will er seinen Status nicht gefährden. Selbst dann nicht, als fünf Kinder verschwinden und die Stimmung im Dorf kippt. An dieser Stelle greifen spannende Mechanismen ineinander, die durchaus makabre Aspekte aufweisen: Die Kleinspenden der Bürger sollen ihr Gewissen beruhigen. Und so genau möchte niemand wissen, warum die Hautcreme verjüngend wirkt. Klar ist nur, ein Schuldiger muss her, der für den Tod der Kinder verantwortlich ist.

„Kleinspende“ ist ein weitgehend beklemmendes Stück, geleitet von Merthe Wulf, das Aufrütteln will. Neutrale Farben verstärken den Appellcharakter des in grüner Farbe eingeblendeten Wortes „Verändere“. Die Farbe kann auch für die Hoffnung stehen, dass dies überhaupt möglich ist. Das Stück stellt zudem angesichts der Profilierungsbestrebungen der Charaktere die Frage, was so schlimm daran sei, normal zu sein. Bemerkenswert die Antwort: „Es ist die Angst, von der Masse verschlungen zu werden.“ n  Weiterer Aufführungstermin: Dienstag, 3. Oktober, 20 Uhr im Theaterhaus Tempus fugit

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