Lörrach Die Mutter der Populisten Europas

Die Oberbadische
Tanja Kuchenbecker lebt seid 1991 in Paris Foto: Mike Bach Foto: Die Oberbadische

Marine Le Pen: Biografie vorgestellt

Lörrach. Sie ist laut, provokant und ein Garant für hohe Einschaltquoten. Die umstrittene Präsidentschaftskandidatin der rechtspopulistischen Front National (FN), Marine Le Pen, sticht im Kampf um den umkämpften Posten in Frankreich nicht nur wegen ihrer umstrittenen Positionen heraus. Mit der ersten deutschsprachigen Biografie, Marine Le Pen – „Tochter des Teufels“, versucht die in Paris lebende Journalistin Tanja Kuchenbecker Einblicke in die treibenden Kräfte der Politikerin zu geben. Bei der Vorstellung ihres Buches am Mittwoch in der Stadtbibliothek zeichnete sie ein entlarvendes Bild und verriet aus persönlichen Erfahrungen, wie Le Pen tickt.

Manch einer in Deutschland mag dem Eindruck verfallen, dass Le Pen den allgegenwärtigen Rechtsruck in Europa und USA gekonnt und berechnend für ihre politischen Ziele ausnutzt. „Das tut sie auch“, warnt Kuchenbecker. Aber sie sei viel mehr als eine einfache Opportunistin. Im Gegensatz zu den politischen Neokarrieren ihrer Kollegen Wilder, Petry und Co. sei Le Pen bereits in zweiter Generation tief mit der FN verwurzelt und besitze eine vererbte politische Erfahrung, mit dessen routinierten Umgang sie andere europäische Populisten, wie Anfänger aussehen lasse. Mit Recht könne man sie als Mutter der europäischen Populisten bezeichnen.

Auf 224 Seiten nimmt die seit 1991 in Paris lebende Journalistin die Hintergründe dieser Erfolgstory unter die Lupe. Die Popularität lasse sich nicht nur darauf zurückführen, dass Le Pen seit der Gründung der FN 1972 durch ihren Vater Jean-Marie Le Pen die prägende Familienideologie lebt und atmet. Das alleine wäre nicht genug, um so erfolgreich in die Fußstapfen des Familienoberhaupts zu treten und sich derart prägnant an der Spitze der FN zu behaupten. Marine Le Pen visiere vielmehr gezielt die Mitte der französischen Gesellschaft an und wisse sich und ihre Partei modern in Szene zu setzen.

Habe ihr Vater noch den Holocaust als Detail der Geschichte betitelt und seine politischen Gegner auch gerne mal „verfeuert“, distanziere sich Marine Le Pen vehement von solchen Ansichten. Sie war sogar gezwungen, ihren unverbesserlichen Vater, Parteigründer der FN, wegen „schwerer Verfehlungen“ auszuschließen.

„Viele Franzosen bezeichneten das als Vatermord“, analysiert Kuchenbecker. Doch mit dieser rigorosen Neuausrichtung sei ihr der erhoffte Sprung zur Massentauglichkeit gelungen. „Nun schmückt sie sich mit jüdischen Wählern und schwulen Parteigenossen,“ gebe sich vor laufenden Kameras raffiniert und präsidial zurückhaltend und bei eigenen Wahlveranstaltungen rhetorisch lautstark, simpel und kämpferisch. „Marine Le Pen ist es gelungen, aus einer angestaubten rechtsextremen Partei eine rechtspopulistische zu machen“, so Kuchenbecker. Gerne lasse sie sich als Populistin bezeichnen, suggeriert das doch eine mehrheitliche Unterstützung des Volkes.

Für viele Franzosen der „Grande Nation“, die sich neben Deutschland doch nicht mehr so „grande“ fühlten, verkörpere Le Pen den Wiedergewinn der Kontrolle über Frankreich. Jüngsten Umfragen zufolge scheint Le Pen den ersten Wahlgang am 23. April gewinnen zu können. Dass sie die Stichwahl am 7. Mai für sich entscheiden kann, ist unwahrscheinlich. Aber: „Über Trump hat man das auch gesagt.“

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