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Lörrach Die Not der Welt rückt näher

Die Oberbadische
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Gottesienste: Zeichen für Toleranz und Menschenwürde gesetzt

Von Ursula König

Wie weit ist die Welt von den Erwartungen an das Weihnachtsfest entfernt? Und wie kann Christsein angesichts der Geschehnisse des vergangenen Jahres gelebt werden? Diese Ansätze griffen katholische und evangelische Pfarrer in den Predigten der Weihnachtsgottesdienste auf.

Lörrach. „Die Not der Welt rückt näher und auf einmal bekommen Schicksale ein Gesicht und haben einen Namen“, führte der evangelische Pfarrer Michael Hoffmann in Brombach in die Christnacht ein.

Klare Worte fand auch Pfarrer Thorsten Becker während der Messe in der Heiligen Nacht in der Kirche St. Bonifatius: „Heute Abend ist kein Friede auf Erden.“ Das „Hochfest der Geburt des Herrn“ wurde mit strahlend festlichen Trompetenklängen (Richard Dobkowski) und feierlicher Orgelmusik (Andreas Mölder) eingerahmt. Das Weihnachtsevangelium nach Lukas gehöre zu den bekanntesten Texten der Weltliteratur, so Becker.

Der vom Propheten Jesaja angekündigte „Fürst des Friedens“ nahm als Mensch Gestalt an, um die Botschaft der Erlösung in die Welt zu bringen. Becker stellt Polarisierungen in den Mittelpunkt seiner Predigt, um zu verdeutlichen, welche Verantwortung jeder Christ trägt, diese Worte zu leben.

Denn: „Weihnachten ist kein Selbstläufer. Es braucht uns.“ Es scheint mitten aus dem Alltag gegriffen, das Gespräch des Pfarrers mit einem zornigen Mann: „Gott ist Gift“; diese Worte haben Becker offensichtlich ebenso beschäftigt wie die Überschrift eines Artikels: „Jesus Christus ist der König der Diebe“.

Die christliche Religion als Glaube, der Sinn und Verstand raubt? Ein „Überblendbild“ der Wirklichkeit, wie ungläubige Menschen die Zeremonien der Liturgie beschreiben? Becker regt zum Nachdenken an mit der Frage: „Wenn Christus der König der Diebe ist, was sind wir dann?“

Christ sein, so machte er deutlich, das bedeute gerade in diesen Zeiten, Botschafter zu sein. Angesichts von Flucht, Krieg, Hass und Ränkespielen um Macht stehe die Welt derzeit im Schatten und sei aus den Fugen geraten. Als absurd bezeichnete er es vor allem, Religion und Gewalt auf einen Nenner zu bringen.

In einer Gesellschaft, in der Kriegseinsätze nicht als Niederlage angesehen würden und die Angst vor Parallelgesellschaften dadurch geschürt werde, dass diese selbst geschaffen würden, sei diese Nacht „ein lauter Appell“ gegen alle Vergiftung der Welt. Die Botschaft Jesu sei das „Gegengift“ und werde zum Geschenk (so die englische Bedeutung von „gift“).

Auch das Beispiel eines Mannes, der vor kurzem seine Frau bei den Terroranschlägen in Paris verlor, wird für Becker zum Weg des Friedens: „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ veröffentlichte der Witwer und Vater eines kleinen Jungen im Internet, um zu zeigen, dass er sich nicht vom Hass infizieren lasse. Für ein tolerantes und friedliches Miteinander standen auch die Fürbitten, die von Menschen vorgetragen wurden, die in Lörrach eine neue Heimat gefunden haben; darunter zwei Flüchtlinge mit muslimischer Herkunft.

Es gebe vieles, das Menschen selbst in der Hand hätten, um das Leben lebenswerter zu machen und Leid zu ersparen. Um uns dies immer wieder in Erinnerung zu rufen, bräuchten wir Weihnachten jedes Jahr aufs Neue; verstärkte Pfarrer Hoffmann seine Botschaft am ersten Weihnachtsfeiertag.

Im Gegensatz zu Freundlichkeit und Barmherzigkeit stünde Glaube in der heutigen Zeit viel zu oft für „Unterdrückung und Unmenschlichkeit“, führte er vor allem in Hinblick auf den Islamischen Staat aus. Die Achtung der Menschenwürde als christliche Tradition sollte in Deutschland dazu führen, dass Bewegungen, die zu Hass und Intoleranz aufriefen, keine Chance hätten.

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