Lörrach. Eine generationenübergreifende Ausrichtung, Integration von Flüchtlingen und vielleicht eine Namensänderung – Renate Riemensperger hat als Leiterin des „Treffpunkt ab 50“ im Alten Rathaus viel vor. In einer Serie stellen wir einige der Kursangebote vor. Zum Auftakt hat sich Kristoff Meller mit Renate Riemensperger unterhalten.
 
Frau Riemensperger, der Treff ab 50 war schon unter Ihrer Vorgängerin Kornelia Jagiela eine Erfolgsgeschichte, gibt es dennoch Optimierungsansätze?
 
Prinzipiell verfolge ich den Gedanken, den Treffpunkt  generationsübergreifend zu öffnen. Erst kürzlich hatte ich eine Anfrage einer Frau, die gerne zum Aquarellmalen kommen würde, aber noch keine 50 Jahre alt ist. Das Arbeits- und das Familienleben hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert und somit auch der soziale Alltag. Sehr viele Menschen arbeiten in Schichtarbeit oder Teilzeit – beispielsweise im Einzelhandel oder in sozialen Berufen – manche haben trotz Berufstätigkeit Interesse daran, unsere Angebote und vor allem auch das Wissen und den Erfahrungsschatz der älteren Generation zu nutzen. Wenn man aber im Regelfall noch voll im Berufsleben steht, hat man natürlich keine Zeit zum Treffpunkt zu gehen. Die Bezeichnung „Treffpunkt ab 50“ ist nicht zeitgemäß, egal aus welchem Blickwinkel.
 
Der Name schreckt potenziell Interessierte ab?
 
Ja, das ist total skurril. Es fragen  unter 50-Jährige an, ob sie kommen dürfen und gleichzeitig sagen auch Menschen um die 80, da gehe ich hin, wenn ich alt bin. Man muss sich grundsätzlich fragen, was ist Alter? Das chronologische Alter hat meiner Meinung nach gar nichts mit dem biologischen Alter zu tun. Ich habe 80-jährige Kursleiter, die hier arbeiten und parallel noch bei diversen anderen Projekten tätig sind – da staune ich nur über das Pensum. Ich finde das sehr beeindruckend. Sie sind unglaublich lebendig und aktiv. Mit dem Beginn der Rente gibt man die festen Alltagsstrukturen des Berufs auf. Doch wie sieht nun der neue Alltag aus? Man kann vieles machen: auf Weltreise gehen, die Enkel hüten, Rosen züchten… Man kann sich aber in seinem Lebensumfeld auch neue Netzwerke aufbauen und dadurch neue Interessen entwickeln. Man kann ja trotzdem reisen und alles andere machen. Es ist ja nicht so, dass man nichts zu tun hat und deswegen zu uns kommt – der Treffpunkt ist für viele nur ein Mosaikstein.
 
Es gibt ehrenamtliche Kursleiter im Treffpunkt, die sich als pensionierte Wissenschaftler auf ihre Vorträge vorbereiten als wäre es eine hoch bezahlte Dozententätigkeit.
 
Ja, sie möchten ihr Wissen weitergeben und es gibt im Gegenzug viele Interessierte, die dankbar sind, so viele neue Anregung zu bekommen. So entstehen Synergieeffekte, alle profitieren. Eine gute Voraussetzung, um im Alter geistig und körperlich in Bewegung zu bleiben. Die Zahl 50 sagt eigentlich nichts über das wirkliche Alter aus.

Bei einer Umfrage unter den Nutzern sprachen sich jedoch rund 80 Prozent für eine Beibehaltung des Namens „Treffpunkt ab 50“ aus.

Ja, aber inhaltlich ändert sich da bereits Einiges. Es gibt inzwischen ein Angebot für Flüchtlinge mit der Handarbeitsgruppe. Dort hat eine Frau auch schon ihren jungen Sohn mitgebracht, und alle waren begeistert. Außerdem haben wir jetzt in den Sommerferien ein Angebot für Kindergartenkinder. Fünf Kinder werden sich durch naturwissenschaftliche Experimente mit dem Thema Luft beschäftigen. Ein Versuch an zwei Vormittagen, um zu sehen, wie das Zusammenspiel „Jung und Alt“ angenommen wird.
 
Sie möchten den Treff ab 50 in einen generationenübergreifenden Treffpunkt umfunktionieren. Gleichzeitig ist das Thema Seniorenarbeit in Lörrach aktueller denn je. Derzeit entsteht gerade der Seniorenbeirat, inwieweit ist da der Treffpunkt beteiligt und welche Chancen sehen Sie im neuen Gremium?
 
Die Zusammenarbeit ist ganz wichtig, denn unser Kernthema werden natürlich weiterhin die Senioren bleiben. Wie das politisch weitergeht, muss man sehen. Ich denke, auf uns kommen so viele Veränderungen zu, dass ich aus meiner Sicht gedacht habe, die Senioren können nicht autark für sich bleiben. Die Gesellschaft überaltert, aber man muss die Jungen ebenfalls mit ins Boot holen. Sonst kann die Gesellschaft nicht funktionieren. Interkulturell ist das genauso: Wenn die zweite Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge gebaut ist, müssen auch die unter Menschen. Da bietet es sich an, dass sich diejenigen darüber Gedanken machen, die die Zeit, das Wissen und die Lebenserfahrung haben. Das wäre ein kleiner Beitrag für eine humanitäre Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt.
 
Sie möchten also im Treffpunkt alle zusammenführen – egal ob alt, jung, fremd.
 
So etwas braucht Zeit und viele Überlegungen, derzeit ist schon einiges erfolgreich in Bewegung. Wo das hinwächst, entscheidet sich durch das Engagement der Menschen. Der Treffpunkt könnte dabei wie ein Marktplatz fungieren, wo sich die Leute kennenlernen und konstruktiv vernetzen. Dies hat eine enorme Innovationskraft. Die Menschen kommen hier her, weil es ihnen Spaß macht und nicht, weil sie etwas produzieren müssen. Das ist eine ganz andere Freiheit.
 
Dieser „Marktplatz“ feiert am Montag sein Sommerfest. Was wird alles geboten?
 
Die Flötengruppe eröffnet das Programm mit Sommerliedern, die Theatergruppe hat sich Sketche zum Thema „Hochsommer im Treffpunkt“ ausgedacht, und es darf natürlich kräftig mitgesungen werden. Spontanität und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen macht einfach Freude. Das Fest bietet die Möglichkeit, dass sich alle – Teilnehmende und Ehrenamtliche – treffen und sich bei Kaffee und leckerem Kuchen austauschen. Wie viele Besucher kommen, hängt aber stark von der momentanen Hitzewelle ab.

Interessierte können sich für das Sommerfest am Montag ab 14.30 Uhr  noch spontan anmelden. Das aktuelle Programm liegt im Alten Rathaus aus und ist auch unter www.loerrach.de zu finden.