Lörrach Eine Huldigung der Weiblichkeit

Die Oberbadische
Das berühmte Thema „Maler und Modell“ beschäftigte auch Paul Ibenthaler, wie in diesem Ölgemälde, das in der Ausstellung mit Aktmalerei im Lörracher Ibenthaler Haus zu sehen ist. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

In Lörrach sind „Körperlandschaften“ von Paul Ibenthaler zu sehen

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Wohl kein anderer Lörracher Maler hat ein größeres Oeuvre an Aktmalerei vorzuweisen als Paul Ibenthaler. Das kann man bei der ersten umfassenden Ausstellung seiner Aktbilder unschwer feststellen. Mengenmäßig und von der Vielfalt der Techniken her finden sich im Ibenthaler-Haus unter dem Titel „Körperlandschaften“ bemerkenswerte Beispiele dieses Genres.

Ibenthaler hat das Sujet des weiblichen Aktes in immer neu abgewandelten Posen, Liegenden, Sitzenden, Stehenden, Doppelakten, umschlungenen Paaren in Malerei, Zeichnung und Druck variiert. Diese Aktbilder aus verschiedenen Schaffensphasen enthalten keinen Tabubruch, kein Skandalgemälde und provozieren nicht, man muss sie daher wahrlich nicht schamvoll im Depot belassen.

Thematisch sind biblisch-religiöse Bilder von Adam und Eva darunter, mythologische wie die Darstellung von „Sirene“ (mit dem profaneren Untertitel „Frau am Meer“), oder die Darstellung einer urzeitlichen Frau („Gaia“), der Gebärenden oder personifizierten Erde. Die unbedeckte weibliche Scham gehört zur echten Aktmalerei, auch bei Ibenthaler. Wohlproportionierte Akte mit ausladenden Rundungen, üppig betonenden Oberkörpern und fleischigen Schenkeln zeigen ihn als einen Ausnahmemaler, der auch „Fleisch malen kann“, wie der Romancier Emile Zola einmal über Gustave Courbet gesagt hat.

Wie früher die Maler, die nackte Frauen verbrämend in Allegorien darstellten, so wählt Ibenthaler als Motiv gelegentlich sagenumwobene Frauengestalten wie die Loreley. Offensichtlich haben mythologische Themen den Künstler gereizt. Manche Frauenfiguren wirken idealisiert wie die „Drei Grazien am Fluss“. Man muss die über 40 ausgestellten Arbeiten schon genau studieren, um einmal eine etwas gewagtere intime Pose bei zwei Frauen zu erkennen, oder eine Aktstudie, die nach Egon Schiele aussieht.

Ein schlafendes Modell, das sein Gesicht in den Bogen ihres Armes legt, hat den Maler zu farbintensiver, fast Gauguinhafter Bildgestaltung inspiriert. Ansonsten entdeckt man als Vorbild Cézanne und die Badenden. Stilistisch hat Ibenthaler aber auch moderne Elemente aufgenommen. So wirken die beiden eng zusammenkauernden Frauen im großen Gemälde „Sirenen“ fast wie ein einziger Körper – wirklich eine Körperlandschaft!

Dass der expressive Realist Anleihen in der Moderne machte, bei Picasso und dem Kubismus, verraten viele Gesichter, deren Bestandteile neuartig in kubistischer Manier maskenartig gemalt sind. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass in der von Andreas Obrecht, dem Vorsitzender der Paul-und-Regina-Ibenthaler-Stiftung, und Martin Leccese konzipierten Schau neben so viel Huldigung der Weiblichkeit einige Männerakte zu sehen sind und sich der Maler mit Modell auch als Selbstbildnis verewigt hat. u  Eröffnung heute, Freitag, 19 Uhr, mit einem Dia-Streifzug durch die Kunstgeschichte. Bis 26. Juli, geöffnet Sonntag 15-17 Uhr.

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