^ Lörrach: „Es droht ein Kollaps mit Ansage“ - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach „Es droht ein Kollaps mit Ansage“

Die Oberbadische

WohnbauThomas Nostadt über die Perspektiven des Lörracher Wohnungsmarktes

Die Wohnbau Lörrach kann ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr 2014 vorweisen (wir berichteten). Indes äußerte sich ihr Geschäftsführer Thomas Nostadt im Gemeinderat besorgt über die Perspektiven des Wohnungsmarkts in Lörrach – oder vielmehr das, was vom Markt noch übrig ist.

Von Bernhard Konrad

Lörrach. Nostadt neigt weder zu Schwarzmalerei noch zur Panikmache. Gleichwohl machte er am Donnerstagabend unmissverständlich deutlich, was die Stunde geschlagen hat.

Die Lage Wie sich die Dinge entwickeln, drohe dem Wohnungsmarkt in Lörrach – aber nicht nur hier – „ein Kollaps mit Ansage“. Selbst Bürger aus der Mittelschicht „mit recht stattlichen Einkommen“ könnten sich zum Teil den immer knapper werdenden Wohnraum in der Lerchenstadt kaum noch leisten. Auch deshalb, weil der Markt nicht mehr richtig funktioniere: Er zeige sich zunehmend starr, Fluktuation finde immer weniger statt. Und dies, so betonte Nostadt, habe mit dem Flüchtlingsthema rein gar nichts zu tun.

Die Ursachen Die Versäumnisse begannen viel früher. Die Probleme entwickelten sich aus einem Bündel von Faktoren, bei denen Bund, Land und Kommunen Karten im Spiel hätten. Zunächst habe sich der Bund nach der Föderalismusreform aus der Wohnungsbauförderung verabschiedet. Die daraufhin zuständigen Länder hätten das Thema „verkümmern lassen“ – in einem dynamischen Bundesland wie Baden-Württemberg ein besonders gravierendes Versäumnis.

Unterdessen seien die Klimaschutzvorgaben erheblich verschärft worden, ebenso der Natur- und Artenschutz. Architektenhonorare schnellten in die Höhe, die Grunderwerbssteuer stieg ebenfalls. Gleichzeitig hätten sich die Abschreibungsbedingungen verschlechtert. In der Summe Faktoren, die Barrieren für einen funktionierenden Wohnungsmarkt bilden.

Ein Vergleich belege zudem eindrucksvoll den Wandel in der Wohnungsbauförderung. Gegenwärtig stelle das Land hierfür 75 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. In der ersten Hälfte der 90er Jahre – übrigens auch eine Zeit, in der eine Vielzahl von Spätaussiedlern in Deutschland ankam – betrug die Summe umgerechnet bis zu 550 Millionen Euro im Jahr – bei wesentlich geringeren Baukosten. Die Optionen Nachverdichtung sei richtig, reiche aber nicht aus: „Irgendwann gibt es kaum noch Verdichtungsmöglichkeiten und auch keine Lücken mehr.“ Nostadt plädiert dafür, die qualitativ ambitionierte Erschließung der freien Flächen auf dem Salzert entschlossener anzugehen – auch, um wieder Luft und Bewegung in den festgezurrten Lörracher Wohnungsmarkt zu bekommen: Fluktuationsmöglichkeiten schaffen, die auch Preisbereinigungen in einem überhitzten Markt ermöglichen.

Die Fraktionen Die Fraktionen lobten die Arbeit der Wohnbau Lörrach, zeigten angesichts der Entwicklung des Wohnungsmarktes aber ebenfalls Skepsis. Bernhard Escher (CDU) bezeichnete die Wohnungsbauförderung des Landes als „desolat“. Günter Schlecht (SPD) zeigte sich besorgt und betonte: „Hinter den Zahlen stehen Menschen.“ Er bekräftige die SPD-Forderung, die Stadt solle ihre Wohungsbaugrundstücke auch nach sozialen Gesichtspunkten veräußern – nicht nur mit Blick auf den Maximalgewinn. Uwe Claassen (Freie Wähler) forderte: „Wir sollten die Baugebiete Salzert und Bühl mit Volldampf angehen und den Flächennutzungsplan ausweiten.“ Margarete Kurfeß (Grüne) stellte den Antrag, die freien Salzert-Flächen aus dem geplanten „Dichtemodell“ herauszunehmen und zeitnah gesondert zu entwickeln.

Ulrich Lusche (CDU) – er warb schon im OB-Wahlkampf für eine Erschließung des Salzerts – bemerkte kritisch, in der Stadt Lörrach fielen die Klimaschutzstandards teilweise noch höher aus, als ohnehin schon nötig. Auch die eigenen Vorgaben könnten durchaus überprüft werden. Thomas Denzer (Freie Wähler) ergänzte: „Wir setzen immer noch einen drauf.“

Der Oberbürgermeister Jörg Lutz plädierte dafür, eine Lösung „zwischen losbaggern und zuwarten“ zu finden. So seien Angaben zur Wirtschaftlichkeit bei Bauvorhaben unerlässlich. Er warb dafür, den Beginn des Leitbildprozesses Anfang Januar abzuwarten und vorher das Freiburger Quartier „Rieselfeld“ zu besuchen, wo „Wohnqualität bei hoher Dichte geschaffen wurde.“

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