Lörrach Fantasievoll und intensiv

Die Oberbadische
Verhaltensauffällig aber zur Zusammenarbeit fähig: Vincent (v.l.), Alina, Nele und Leon beim Floßbau. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Das Junge Theater Lörrach mit der Premiere von „Leuchtmoos“ im Alten Wasserwerk

Von Willi Vogl

Lörrach. „Besorgte Eltern nerven. Ich bin froh, dass sie nicht hier sind. Angst habe ich allein schon genug“, macht sich Nele nach ihrem Absturz in einer dunklen Höhle Gedanken über ihr Leben. Am Donnerstag im Alten Wasserwerk feierte das Junge Theater Premiere mit Roland Sprangers „Leuchtmoos“, einer von fünf Produktionen im 15. Jahr seit der Gründung des Theaters.

Die Ausgangssituation des Stücks: Die verhaltensauffälligen Jugendlichen Nele, Alina, Leon und Vincent sind in einem therapeutischen Outdoor-Erziehungscamp. Vincent interessiert sich nur für Computer-Rollenspiele, Leon schwänzt die Schule und prügelt sich mit Klassenkameraden, Nele zündet seit der Trennung ihrer Eltern Papierkörbe in der Schule an und zerlegt das Inventar. Und Alina spricht einfach nicht mehr. Mit niemanden.

Bereits mit der gemeinsamen Aufgabe, ein Floß zu bauen, prallen unterschiedliche Verhaltens- und Kommunikationsmodelle aufeinander. In den Hahnenkämpfen der beiden Jungs, bei Neles Angst vor dem Ausgeliefertsein und Alinas körperlichen Selbstverletzungen geht es um Themen wie Schuld, Verrat, Freundschaft, Einfühlungsvermögen oder der Frage nach den Unterschieden zwischen fiktiven Computerfiguren und der realen Welt.

Charakteristisch ist sowohl Vincents Standpunkt „Ich hab’s nicht so mit Freunden, das sind ja nur Menschen“, als auch Leons Erfahrung „Freunde zerstören sich gegenseitig. Ich bin voll angepisst von diesem ganzen Psychogequatsche.“

Zum GAU kommt es, als Nele nach einem missverständlichen Übergriff Leons in den Abgrund einer dunklen Höhle stürzt. Leon versucht bei der gemeinsamen Suchaktion seine Beteiligung an dem Unfall bis zuletzt zu leugnen. Die Suche ist begleitet von persönlichem Erkenntnisgewinn und kommunikativen Lerneffekten. So beginnt etwa Alina zu sprechen und bestimmt wo es lang geht. Am Ende gibt es handfeste Einsichten. So stellt Vincent fest: „Das wirkliche Leben überzeugt durch eine gute Grafik.“ Leon gewinnt Respekt vor Alina. Alina hält Vincent für schwachsinnig, obwohl er so intelligent ist und lässt sich dennoch auf einen weiteren Austausch mit ihm ein. Nele fühlt sich erwachsen, wenn sie mit ihren Eltern zusammen ist.

Julia Gerhardt (Alina) Sven Klassa (Vincent), Luca Manfredi (Leon) und Hannah Sieper (Nele) näherten sich den gewichtigen Themen um das Erwachsenwerden unter erschwerten Bedingungen mit Fantasie und großer Intensität. Regisseurin Birgit Vaith verstand es, die verschiedenen Seelenbilder zwischen flapsiger Verspieltheit und verstörenden Traumata überzeugend nachzuzeichnen. Als schöner Regieeinfall erwiesen sich dabei auch die knappen musikalischen Kommentare aus dem Pop- und Rockbereich, die der Botschaft des Stücks zusätzlich Glaubwürdigkeit verliehen.

u  Weitere Aufführungen im Alten Wasserwerk am 17. und 18. Juli jeweils um 19 Uhr

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