Lörrach Frauenhaus hat mit Wohnungsnot zu kämpfen

Die Oberbadische
Martina Kopf (r.) mit Praktikantin Martina Glauser bei der Vorstellung des Jahresberichts 2014. Foto: Sarah Trinler Foto: Die Oberbadische

Opfer häuslicher Gewalt finden nur schwer eine eigene Wohnung / Aufenthaltsdauer hat zugenommen

Lörrach (sat). 45 Frauen, die häusliche Gewalt erfahren haben, sind im vergangenen Jahr alleine oder mit ihren Kindern ins Autonome Frauenhaus Lörrach geflüchtet. Dort erhielten sie Schutz, Beratung und Raum, um ihre Krise zu bewältigen. Der Schritt in ein neues Leben war jedoch noch schwerer als sonst: Die aktuelle Wohnungsnot im Landkreis Lörrach macht sich auch im Frauenhaus bemerkbar.

„Die Aufenthaltsdauer der Frauen hat stark zugenommen“, sagte Martina Kopf, Sozialarbeiterin im Frauenhaus, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2014. 16 Prozent der Frauen waren laut Statistik ein bis drei Monate im Frauenhaus. Neun Prozent sind sogar länger als sechs Monate geblieben. „Das hat es früher gar nicht gegeben“, so Kopf, die seit 25 Jahren im Frauenhaus Lörrach arbeitet.

Das Frauenhaus ist eine Kriseninterventionsstelle. Sie bietet Frauen Schutz, die häusliche Gewalt erfahren haben. Es bietet zwölf Plätze. „Wir haben die Aufenthaltsdauer nie begrenzt, aber ein Jahr im Frauenhaus zu bleiben, ist natürlich nicht Sinn und Zweck unserer Einrichtung“, sagte Kopf. Da es länger geht, bis die Frauen eine eigene Wohnung finden, hat auch die Zahl der Frauen zugenommen, die abgewiesen werden mussten (2014 lag sie bei 92). Insgesamt konnten daher weniger Frauen aufgenommen werden (2014: 45; 2013: 76). „Aber das ist ein bundesweites Problem“, erklärte Kopf.

Neben der Wohnungsnot ist die Kindeswohlgefährdung ein weiterer Schwerpunkt im Jahresbericht. In den vergangenen Jahren haben die Mitarbeiter festgestellt, dass bei Sorgerechtsentscheidungen oftmals Umgangskontakte zügig durchgesetzt werden auf Grundlage des Elternkonsens. Dieser Konsens steht aus Sicht des Frauenhauses jedoch im Spannungsfeld zum Kindeswohl. „Wie kann ein Mann, der seine Frau schlägt, ein guter Vater sein? Das ist doch ein schräges und absurdes Bild von Menschlichkeit“, so Kopf. Im Zweifelsfall müsse für das Wohl des Kindes entschieden werden.

Wissenschaftliche Untersuchungen hätten deutlich gemacht, dass Gewalthandlungen unter Partnern in der Regel auch unmittelbare seelische Schäden bei den Kindern, die diese Gewalt miterlebt haben, nach sich ziehen. „Wir sehen uns nicht mehr nur als Lobby für Frauen, sondern auch als Lobby für Kinder“, so Kopf. Seit Jahren versuchen sie und ihre Kolleginnen die Rechtssprechung auf dieses Problem aufmerksam zu machen, wurden bisher allerdings immer ignoriert.

Die Folgen von Gewalt gegen Frauen sind ein weiterer Schwerpunkt im Jahresbericht. Betroffene Frauen werden etwa doppelt so häufig depressiv wie andere Frauen und entwickeln ebenfalls etwa doppelt so häufig eine Suchterkrankung. Die Arbeit in einem Frauenhaus bedeute auch, die psychische Situation der Frauen im Blick zu haben und gegebenenfalls eine psychologische oder psychiatrische Unterstützung anzufordern. Die langen Wartezeiten bei Psychologen und Psychiatern stellen dabei eine weitere Hürde, erklärte Kopf.

In den häufigsten Fällen sind die Frauen 2014 über die Polizei ins Frauenhaus Lörrach gekommen (22 Prozent). 18 Prozent der Frauen kamen von einem anderen Frauenhaus, 16 Prozent haben alleine den Weg ins Frauenhaus gesucht. „Ärzte finden in unserer Statistik gar nicht statt, da werden oftmals die Augen verschlossen“, so Kopf. Zu 78 Prozent waren die Misshandler der Ehemann oder der Freund. 20 Prozent der Frauen gingen nach ihrem Aufenthalt zum Misshandler zurück.

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