Von Sarah Trinler
Lörrach. In Deutschland gibt es Millionen von Schrebergärten, die der Erholung in der Natur dienen und Stadtbewohnern den Anbau von Obst und Gemüse ermöglichen sollen. Für viele ist der Schrebergarten ein zweites zu Hause und Hobby sowie Ruheoase zugleich. Ein gutes Maß an Ordnungsliebe sollten die Gartenbesitzer aber auch mitbringen – denn in Schrebergärtenanlagen müssen einige Regeln beachtet werden.
 
In Schrebergärten gelten nicht nur die Gartenordnungen der Verbände und Vereine, sondern auch das Bundeskleingartengesetz und die Anweisungen oder Verordnungen der Länder. So muss mindestens ein Drittel der Gartenfläche zum Anbau von Obst oder Gemüse genutzt werden. Einfach nur grüner Rasen ist nicht erlaubt. „Wir achten da aber nicht peinlich genau drauf, bei uns gleicht sich das meistens ganz gut aus“, so Bernhard Anders, Ehren- und Gründungsmitglied der Gartenfreunde Lörrach im Lerchengrund. Anders besitzt seit Vereinsgründung 1969 eine Gartenparzelle im Bächlinweg und ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied des Vereins.
 
Für den Ausgleich sorgt etwa Edeltraud Hof, die deutlich mehr als ein Drittel an Gemüse anpflanzt. Familie und Freunde werden etwa mit Blumenkohl, Bohnen und Rosenkohl aus Eigenanbau versorgt. Edeltraud und ihr Ehemann Manfred, der den Schrebergarten von seinem Vater geerbt hat, bedauern, wie der Zusammenhalt in der Gartenanlage, die aus 69 Parzellen besteht, sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. „Heute bleiben die meisten lieber für sich“, ergänzt Bernhard Anders. Der Satz in der Gartenordnung „Die Pflege eines gutnachbarlichen Verhältnisses und die gegenseitige Hilfe sind Fundamente des Zusammenlebens“ spielt wohl nur noch auf dem Papier eine Rolle.
 
Wunsch nach Bild einer offenen Anlage
 
Auf diesen Ursprungsgedanken beruht auch der Wunsch nach einem Bild einer offenen Anlage. Die Einfriedung durch Zäune und Hecken der einzelnen Parzellen ist nicht erlaubt. Eine Begrenzung kann etwa durch Beerensträucher oder Ziersträucher erfolgen. Bei allen Anpflanzungen sind allerdings nachteilige Auswirkungen auf Nachbarzellen zu vermeiden. „Natürlich kommen bei uns auch schon einmal Nachbarschaftsstreitigkeiten vor“, sagt Anders. Er erinnert sich an einen Pächter, der einen kleinen Folienteich angelegt hat – was grundsätzlich erlaubt ist. Als dann die Frösche kamen, fühlten sich die Nachbarn von der  Geräuschkulisse gestört.
 
Für die Überwachung der Gartenordnung haben die Mitglieder des Vorstands das Recht, die einzelnen Parzellen zu betreten und zu bewerten. „Wir haben ein Mal im Jahr eine Gartenbegehung, in der wir uns die Parzellen mit einem Fachberater anschauen“, so Claus Markert, der seit fünf Jahren Vorsitzender der Gartenfreunde im Lerchengrund ist. Der Fachberater überprüft die naturgemäße gärtnerische Bearbeitung und gibt Tipps zur richtigen Baumbepflanzung. Werden Mängel festgestellt, werden diese schriftlich festgehalten und sind vom Gartennutzer zu beseitigen. „Wir haben in unserer Anlage allerdings nur selten etwas zu bemängeln“, sagt Markert.
 
Auf den 200 bis 400 Quadratmeter großen Parzellen befinden sich Gartenlauben, die nur nach vorheriger Genehmigung verändert werden dürfen. Bernhard Anders hat vor 46 Jahren, als die Anlage errichtet wurde, mitgeholfen, das Fundament zu legen und die Gartenhütten zu bauen. „Das schweißt natürlich zusammen“, erinnert sich der gelernte Chemiemeister noch gerne an die Anfangszeit zurück.
In den vergangenen Jahrzehnten habe auf der Anlage auch die Fluktuation stark zugenommen, so Anders. Es seien oftmals junge Paare mit Kindern, die sich plötzlich ein Haus bauen oder kaufen und den Schrebergarten dann nicht mehr brauchen. Grundsätzlich sind Kinder jedoch gern gesehen auf der Schrebergartenanlage. Man müsse nur darauf achten, dass die Kleingärten nicht zu Freizeitanlagen umfunktioniert werden. „Dann könnte uns die Stadt die Pacht erhöhen“, erklärt Anders. Etwa ein Schwimmbecken ist nur als Kinderplanschbecken bis zu einer Größe von zwei Metern Durchmesser und 50 Zentimetern Höhe erlaubt.
Für Bernhard Anders bedeutet seine Parzelle im Lerchengrund Freizeitbeschäftigung und Lebenserfüllung. „Zudem verreise ich nicht gerne“, so Anders, „höchstens mal in die alte Heimat nach Berlin.“ Klar, dass über seinem Garten eine weiß-rote Fahne mit dem Berliner Bären wehen muss. Es ist übrigens keine Seltenheit, im eigenen Schrebergarten einen Fahnenmast zu errichten und diesen etwa mit Fußballklubflaggen oder Länderflaggen zu schmücken.

Wie Anders wünschen sich auch Udo und Ulla Katterwe, die einen wunderschön angelegten Garten mit blühenden Rosen und eine voll ausgestattete Gartenhütte mit Küche und Werkstatt haben, wieder mehr Leben im Lerchengrund. „Früher haben wir mehr zusammen gefeiert bei Trachtenabenden, an der Fasnacht oder am 1. Mai“, erinnert sich Ulla Katterwe, „das könnte wieder mehr werden.“ Aber natürlich nur mit Beachtung der Ruhezeiten...

Schrebergarten:
Woher stammt eigentlich das Wort Schrebergarten? Namensgeber ist Moritz Schreber, ein Leipziger Arzt und Hochschullehrer. Doch Schreber ist nicht der Erfinder des Schrebergartens, allerdings wurde 1865, vier Jahre nach seinem Tod, zu Schrebers Ehren eine Spielwiese in Leipzig nach ihm benannt. Die Spielwiese, der Schreberplatz, ermöglichte den Kindern von Fabrikarbeitern unter pädagogischer Betreuung spielen und turnen zu dürfen. Revolutioniert wurde das Projekt erst später durch den Lehrer Heinrich Karl Gesell. Er legte auf dem Platz einige Gärten an. Diese sollten zunächst als weitere Spielareale dienen. Doch rasch fanden erst die Eltern, dann die ganze Familie Gefallen an der grünen Anlage. Aus den „Kinderbeeten“ am Rand des Schreberplatzes wurden „Familienbeete“, die man später parzellierte und umzäunte. Von da an nannte man die Beete „Schrebergärten“. Quelle: www.urbanlife.de/haus-und-garten