Von Veronika Zettler Lörrach. Das Timing war perfekt: Exakt eine Stunde und 45 Minuten dauerte der Parforceritt von Mathias Richling durch die Welt der politischen Selbstdarsteller und Phrasendrescher. Denn das sind sie, will man dem berühmten „Fernsehschwaben“ glauben, doch alle. Rund 500 Leute kamen am Donnerstagabend in den Burghof, wo Richling schon viele Male aufgetreten ist. Von nur einem Stuhl war in der Ankündigung die Rede. Von wegen. Eine ganze Armada von Stühlen ist auf der Bühne arrangiert, in den Farben schwarz, rot, gold (okay: gelb), ähnlich wie die Koffer aus seinem anderen aktuellen Soloprogramm „Deutschland to go“. In „Richling spielt Richling“ liefert der Kabarettist ein Best-of aus gut 40 Jahren Bühnengeschichte. Was wird da nicht alles an Themen gestreift. Vom Islamismus bis zur Homo-Ehe, von der Organspende bis zum Klimagipfel. Und vor allem: Was wird da nicht alles an politischer Prominenz parodiert. Über 25 Personen kommen aufs Tapet, angefangen bei Helmut Kohl, der „von seinem Frauchen wie der einbalsamierte Mao“ vorgeführt werde, über Ursula von der Leyen („Liebe Soldaten, stillgestanden“) bis hin zu Merkel, Kretschmann und Seehofer. Sicher, man darf sich fragen, ob Boris-Becker-Parodien den Zenit nicht langsam überschritten haben, ob die Zeiten der Johannes-Rau-Persiflage nicht passé sind. Ähnlich bei Norbert Blüm, Rudolf Scharping, Ulla Schmidt, Jan Ullrich. Die Jüngeren im Publikum werden gar nicht mehr alle kennen. Andererseits: Das Wiedersehen mit der alten Garde und der zeitliche Bogen von der Bonner in die Berliner Republik mögen verdeutlichen, dass die Plattitüden und Worthülsen der politischen Kaste in den vergangenen Jahrzehnten die mehr oder weniger gleichen geblieben sind. In Richlings schillerndem Polit- und Prominenz-Panoptikum sind eben alles Lügner und Betrüger, die höchstens unterscheidet, wie stark ihr menschenverachtender Zynismus ihr Handeln bestimmt. Zudem ist es schon beeindruckend, wie viele Personen Richling draufhat – und mit welcher Perfektion. Sein Wolfgang Schäuble ist grandios („isch au egal“), sein selbstverliebter Horst Köhler längst ein Klassiker und auch der salbungsvolle „Johannes Gauck II“ kommt bestens beim Publikum an („In einer meiner vortrefflichen Reden habe ich es neulich so vorzüglich ausgedrückt“). Zwar verzichtet der Kabarettist auf die aufwändigen Masken und Kostüme, mit denen er teils im Fernsehen auftritt, seine Parodien funktionieren deshalb aber nicht weniger gut. Und: Kaum einer spricht so schnell und so viel wie er: „Red‘ ich zu schnell"“, fragt er ins Publikum: „Ich frag nur, weil ich die letzten Sätze selber nicht verstanden hab.“ Mit seinen 63 Jahren präsentiert sich der Großmeister der Politparodie in quirliger Hochform und noch einen Zacken schneller als früher: Wie er in rasantem Tempo von einer Rolle nahtlos in die nächste schlüpft, wie er sich in dargestellten Dialogen selbst das Wort abschneidet und politische Rede ad absurdum führt, das ist schon große Kunst, und das macht ihm in der Form auch keiner so schnell nach.