Von Ursula König Lörrach. Das hatten viele Besucher des jüngsten Burghofslams nicht erwartet: Mit einer klassischen Lesung überraschte Pierre Jarawan am Donnerstag im voll besetzten Foyer. Kontrastreicher hätte der zweite Teil nicht ausfallen können: „Das Lumpenpack“ geizte nicht mit geistreichem Nonsens und Konfetti. Es war ein breites emotionales Spektrum, das abgedeckt wurde. Und das kam sehr gut an. Pierre Jarawans Stimme wirkt sanft und doch lebendig und melodisch, so als stünde er in der Tradition orientalischer Geschichtenerzähler, die nicht um die Aufmerksamkeit ihres Publikums kämpfen müssen. Er liest aus seinem Roman „Am Ende bleiben die Zedern“. Der deutschsprachige Meister im Poetry Slam hat eine neue Plattform gefunden, die ernsthafter wirkt, aber nicht weniger unterhaltend ist. Es sei kein autografischer Roman, betont der Sohn eines libanesischen Vaters und einer deutschen Mutter. Jarawan führt behutsam durch Stellen seines Werkes, das innerhalb kürzester Zeit bereits in vierter Auflage verlegt wird. Samir, der Protagonist, beschreibt, wie sein libanesischer Vater kunstvoll eine Satellitenschüssel ausrichtet, um „ArabSat“ zu empfangen. Nachbarn und Freunde versammeln sich, geben ihre Kommentare dazu, und es wird ein Essen organisiert. Samir sagt einen der Schlüsselsätze: „In diesem Moment deutete nichts darauf hin, dass wir in Deutschland lebten.“ Jarawan baut seine Vater-Sohn Geschichte kunstvoll auf und verknüpft mehrere Handlungsstränge zu einem bunt gewebten Teppich. Es gibt das schöne Beirut, zeigt er anhand von Fotos. Und es gibt die dunkle Seite: geprägt durch den Bürgerkrieg und später die Aufnahme von bisher zwei Millionen syrischer Flüchtlinge, die Hälfte der Landesbevölkerung. Niemand wisse, wie sich das langfristig auf das Land der Zedern auswirke. So lässt Jarawan die Zuhörer teilnehmen an der Suche Samirs nach seinem verschwundenen Vater: im Kopf fest die Märchen gespeichert, welche dieser erzählte und die nach 20 Jahren erst den darin enthaltenen Hilferuf offenbaren. Ohne Pause dazwischen hätte „Das Lumpenpack“ etwas fehl am Platz gewirkt. Doch so konnte die Mini-Band, bestehend aus Max Kennel und Indiana Jonas, mit überraschenden Einsichten sofort punkten. Textlich brillant und über jeden guten Geschmack erhaben ziehen sie durch ihre Heimat, das „Schwabenländle“, um ihre geballten Einsichten auch in Baden unters Volk zu bringen.