^ Lörrach: In den Sphären der Hendrix-Galaxie - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach In den Sphären der Hendrix-Galaxie

Die Oberbadische
Die Schneeschippe wird in einer skurrilen Performance vom quälenden Geräuschmacher zum treibenden Percussioninstrument. Foto: Anja Bertsch Foto: Die Oberbadische

Stucky-Studer-Quartett sorgt mit „Jimi Hendrix in Woodstock“ für mittleres Erdbeben im Burghof Lörrach

Von Anja Bertsch

Lörrach. Unterm Titel „Jimi Hendrix in Woodstock“ kreierte das Quartett aus Vokalexperimentalistin Erika Stucky, Gitarrist Christy Doran, Schlagzeuger Fredy Studer und Bassist Jamaaladeen Tacuma am Sonntag im Lörracher Burghof ein mittleres Erdbeben. Laut war das, voller Energie, und gut.

Wer angesichts des Programmtitels erwartet hatte, einen klassischen Hendrix-Cover-Abend zu erleben, wurde enttäuscht: Die Band hangelt sich keineswegs Ton für Ton an den Originalen entlang. Statt dessen ist das Quartett absolut frei in den Sphären der Hendrix-Galaxie unterwegs, mit ausgeprägter Experimentierfreude und großer Lust am schieren Sound - und kommt dem Geist des Originals gerade im freien Umgang mit dem Material, und in den tranceartigen Klangwolken, die dabei entstehen, phasenweise erstaunlich nahe.

Das Programm ist als Reminiszenz an das legendäre Woodstock-Konzert von Jimi Hendrix angelegt, und greift sich aus seinem stilistisch breit aufgestellten Werk vor allem die psychedelischen Songs und Sounds heraus. Hendrix-Stücke wie „Who knows“ und „Hey Joe“, „Purple Haze“ oder „Foxy Lady“, „Crosstown traffic“ oder „Voodoo Chile“ liefern der Band das Grundgerüst, und klar, die zahllosen markanten Gitarren-Riffs kommen auch im Stucky-Studer-Quartett zu ihrem tonangebenden Recht. Daneben aber ist musikalische Freiheit, angereichert um die klanggewaltigen Möglichkeiten, die das technische Equipment bereit hält. Ganz vornedran ist dabei der irisch-schweizerische Gitarrist Christy Doran, der eine unglaubliche Bandbreite an Sounds aus seinem Instrument heraus holt. Mal knallen die Töne hart aufs Trommelfell, mal zirpen sie vorsichtig, dann wieder wabern sie träge durch den Raum, um sich zum ohrenbetäubenden Dröhnen zu steigern. Nebenan groovt Dorans langjähriger musikalischer Weggefährte Fredy Studer mit tieftönigem, vollem Drumsound. Gemeinsam mit dem Bassisten Jamaaladeen Tacuma weben die Instrumentalisten einen pulsierenden, psychedelische Klangteppich.

Obenauf setzt das schweizerisch-amerikanische Mischgewächs Erika Stucky ihre faszinierende, abgefahren-schräge Persönlichkeit, und verschafft dem Bühnengeschehen nochmals einige energetische Umdrehungen mehr. Mit kehliger Stimme rezitiert sie die Texte zumeist mehr, als dass sie diese singt. Zwischendurch lässt sie sich in ausgedehnte Stimmexperimente fallen – röchelt und zirpt, knarzt, wimmert und röhrt, völlig entgrenzt und bar aller Hemmungen. Die technische Effekte tun ein Weiteres zum eigentümlich faszinierenden Klangerlebnis. Ganz Stucky-like wird neben der Stimme mal das flitternde Gaze-Etwas im Haar zum raschelnden Instrument, mal liefern die knarrenden Feder des antiquarischen Samtsessel-Fundstücks am Bühnenrand den Zusatzsound, und mal wird die Schneeschippe in einer skurrilen Performance vom quälenden Geräuschmacher zum treiben Percussioninstrument.

Das Gesamtergebnis ist kaum einmal gefällig oder gar „schön“, entwickelt im Laufe der pausenlosen neunzig Konzertminuten jedoch zeitweise gewaltige, soghafte Energie, die ein etwas größeres Publikum durchaus verdient gehabt hätte

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