^ Lörrach: „In einer kleinen Konditorei...“ - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach „In einer kleinen Konditorei...“

Die Oberbadische

Sommerserie – Folge I: Mein liebster Ort in Lörrach: Herbert Sitterle über einen Herren-Treff im Café Pape

Lörrach hat viele Facetten: Der Reiz der Stadt zeigt sich im Offenkundigen ebenso wie in Nischen. In unserer Sommerserie stellen Bürger ihre liebsten Orte in Lörrach vor – ein persönlicher Blick auf bekannte und weniger bekannte Ecken und ein schönes Zeugnis der Vielfalt in der Lerchenstadt. Die Serie beginnt mit einem Beitrag von Herbert Sitterle, ehemaliger Geschäftsführer des SAK.

Lörrach. Wenn ich bei meiner Oma in Düsseldorf in den Schulferien zu Besuch war, dann zog sie mich manchmal schick an und ging mit mir auf die Kö in ein Café. Da sah ich elegant gekleidete Damen aus glänzenden Limousinen steigen, die dann die Kö auf und ab defilierten, wie bei einer Modenschau. So etwas gab es bei uns in Ettlingen nicht.

Studentische Debatten bei Kaffee und Kuchen

Ich hatte immer schon eine Vorliebe für alte, gemütliche Cafés. Mit dem Lied „In einer kleinen Konditorei“ brachte mir meine Mutter die ersten Tangoschritte bei, und dann ging es mit der Freundin in das Tanzcafé. Während meines Studiums in Freiburg traf ich mich gerne mit Kommilitonen im Café Kern bei der Dreisam, und wir debattierten über politische Ereignisse. Als ich mit zwei weiteren Studienabgängern 1971 nach Lörrach kam, entdeckten wir zu unserer Freude im Zentrum der Stadt ein schönes altes Café in einem wunderschönen Jugendstil-Gebäude, das 1902 erbaut wurde. Dort trafen wir uns regelmäßig. Durch das intensive Engagement im SAK verschwanden die Treffen im Café aus unserem Blick. Erst durch den Ruhestand kam die Gemütlichkeit wieder zurück.

Die Runde der Ruheständler findet sich

Etwa um die gleiche Zeit gingen auch Personen in den Ruhestand, mit denen ich durch die SAK-Arbeit Kontakt hatte. Das waren zunächst Peter Sulga, Koordinator im Kreissozialamt, Peter Biwer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit, Horst Donner, Redaktionsleiter der BZ in Lörrach, und Herbert Seilnacht, Geschäftsführer der Medima, Vorsitzender des VJB und Dritte Welt Aktivist. Später schlug Herbert Seilnacht seinen Freund Manfred Hugenschmidt vor, einer der führenden Wissenschaftler bei der Entwicklung der Lasertechnik und ein guter Bratschist. Dann kam Günter Fischer hinzu. Er war in der Hirnforschung tätig. Ihn kannte ich von der Meditationsgruppe. Mit dem ehemaligen Wirt vom „Kranz“, dem Koch Günter Roßkopf koordiniere ich die Suppe in der Alten Feuerwache.

Den Weinhändler Frieder Speck kannte ich nur flüchtig. Irgendwann stellte ich fest, dass ich ihn in den gleichen Veranstaltungen immer wieder sah. Daraus schloss ich, dass wir ähnliche Interessen haben könnten und sprach ihn an. Genauso ging es mit Georg Müller, Lehrer für Geschichte am Hebelgymnasium.

Gute Gespräche übers Zeitgeschehen

Ich fragte vor einigen Jahren die Herren Sulga, Biwer und Donner, ob wir uns nicht einmal die Woche zum Gedankenaustausch im Café Pape treffen könnten. „Warum gerade in dieses etwas altbackene Café, wo fast ausschließlich ältere Damen sitzen“, fragte einer. „Weil ich solch ein Café liebe“, entgegnete ich, und wir ja auch nicht mehr die Jüngsten sind.

Der Pape ist keine Kette, und die Produkte kommen nicht aus der Fabrik. Dort werden die Backwaren noch selbst herstellt, und dann ist es auch noch Lörrachs ältestes Café. Am 17.3.1870 eröffnete Emil Pape sein Café im Gebäude zum Wilden Mann, wo heute das Juweliergeschäft ist. 1931 fand der Umzug in dieses stattliche Gebäude in der Basler Straße 137 statt. Im Erdgeschoss war der Verkaufsraum und über eine Treppe kam man ins Obergeschoss, wo das Café war. Im jetzigen Café befand sich das Bekleidungsgeschäft Woll-Tröndle. Deshalb die Türe, an der Seite zur Herrenstraße. Aber das liegt lange schon zurück.

Normalerweise treffen sich Männer zum Bier oder Viertele – nun sollte man sich zum Kaffee oder Tee treffen? Deshalb fanden einige den Vorschlag etwas ungewöhnlich, aber interessant. Wenn ich ins Café komme, begrüße ich meist Christian, den Kellner, und dann fragt er: „Wie üblich?“ Und ich nicke. Dann bringt er einen Cappuccino und einen Nuss-Gipfel, und der ist unschlagbar gut – hergestellt vom Chef der Backstube, Dominik Hengherr. Seine Eltern hatten über viele Jahre das Café Pape geführt. Nun also treffen wir uns seit einigen Jahren jeden Donnerstag um 10 Uhr im Café. Der Termin ist keine Verpflichtung. Wer kommt, der kommt. Wir tauschen uns über die aktuellen Ereignisse in unserer Stadt aus und erörtern die politische Lage, stellen uns Bücher vor, die uns beeindruckten oder empfehlen uns kulturelle Veranstaltungen. Natürlich kommt es vor, dass wir aus früheren Zeiten erzählen, doch in der Unterhaltung dominiert das Aktuelle.

Mit den Jahren wuchs die Freundschaft

Es wird viel gelacht, aber dann kann es wieder bei politischen Debatten hitzig zugehen. Da die Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitswelten kommen, ist diese Runde für mich eine große Bereicherung. So sind wir nun über die Jahre Freunde geworden. Bei schönem Wetter sitzen wir gerne draußen, und da fehlen nur noch das Klavier und die Geige, dem Christian die rote Fliege und das weiße Tuch überm Arm, dann wäre die Caféhausatmosphäre perfekt. Nun hoffe ich, dass es uns Rentnern vergönnt sein möge, sich noch einige Jahre im Café Pape zu treffen.

Umfrage

Bundeswehr

Braucht Deutschland wieder die allgemeine Wehrpflicht?

Ergebnis anzeigen
loading