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Lörrach „Integrieren – nicht beaufsichtigen“

Die Oberbadische
Gut besucht war in der Alten Halle Haagen die Bürgerinformation der Stadt zur geplanten Anschlussunterbringung für 200 Flüchtlinge am Standort Neumatt-Brunnwasser. Foto: Peter Ade› Foto: Die Oberbadische

Anschlussunterbringung: Bürgerinformation zu Flüchtlingsquartier Haagen / Kontroverse Diskussion

Noch vor der Sommerpause wird der Gemeinderat entscheiden, ob die Anschlussunterbringung (AU) für Flüchtlinge in Haagen gebaut wird oder nicht. Pro und Contra zu dem von der Verwaltung favorisierten Standort „Neumatt-Brunnwasser“ wurden in der Bürgerinformation am Montag kontrovers diskutiert.

Von Peter Ade

Lörrach-Haagen. Bürgermeister Michael Wilke brachte den Standpunkt der Stadt vor rund 180 Zuhörern in der Alten Halle Haagen auf den Punkt: „Wir stehen in dieser Frage mit dem Rücken zur Wand.“ Angesichts der Herausforderung, nach Auflösung der Gemeinschaftsunterkünfte (GU) rund 200 Personen zu integrieren, seien Behelfsbauten (Modulbauten) „dringend notwendig“.

Das aus städtischer Sicht geeignete Gelände an der Hornbergstraße hat laut Wilke Quartierscharakter. Gemeinschaftsräume für Sprachunterricht und Bürgertreffen sowie Büros für Hausmeister und Sozialarbeiter böten sich an (wir berichteten ausführlich).

„Heute Abend fällt keine Entscheidung, die trifft demnächst der Gemeinderat“, betonte Oberbürgermeister Jörg Lutz zu Beginn der Veranstaltung mit der Integrationsbeauftragten Inga Schwarz und Pfarrer Thorsten Becker von der katholischen Kirchengemeinde, die das Grundstück zur Nutzung bereitstellen würde.

Die bisherigen vier Gemeinschaftsunterkünfte, so Lutz, hätten nicht zuletzt dank vieler ehrenamtlicher Helfer „immer gut funktioniert“. Deshalb bitte er weiterhin um „Vertrauen, Wohlwollen und Großzügigkeit“.

Betreuung vor Ort und Integrationsarbeit erfolgen für Menschen nach zweijährigem GU-Aufenthalt, denen bereits Asyl zugesprochen wurde. Geplant sind unter anderem ein sogenanntes Welcome-Center, Sozialbetreuung und die Erstellung eines Integrationsplans für jeden Flüchtling.

Für die zu erwartenden 50 Kinder unter 18 Jahren gibt es nach Ansicht der Stadt „ausreichend Betreuungsplätze“ in umliegenden Kindergärten und ab Frühjahr/Sommer Krippenplätze zur Versorgung von U3-Kindern in der Alten Schule Haagen. Grundschüler könnten an den Schulen der Ortsteile gut untergebracht werden.

Krämer: auf die Stadt verteilen und nicht in ein Ghetto stecken

Pfarrer Becker lobte den aufgeschlossenen Umgang vieler Bürger mit Flüchtlingen in den vergangenen zwei Jahren. Durch „Miteinander und Beieinander“ seien Ängste abgebaut worden. Grundsätzlich bat Becker um Menschlichkeit bei der Begegnung mit Flüchtlingen.

„Wir haben nichts gegen Flüchtlinge und sind zu deren Aufnahme bereit“, erklärte Haagens Ortsvorsteher Horst Simon. Gleichwohl halte er eine bessere Verteilung „über die ganze Stadt“ für sinnvoller.

„Kleinere Einheiten“ wünscht sich der frühere Ortsvorsteher Wolfgang Krämer. „Wir wollen in Haagen kein Provisorium. Anschlussunterkünfte und sozialer Wohnungsbau sollten kombiniert werden. Es sei ein „Unding, im Hauruck-Verfahren“ ein Ghetto zu schaffen, erklärte Krämer sinngemäß.

Auf die von besorgten Bürgern angesprochene Sicherheitsfrage antwortete der stellvertretende Leiter des Polizeireviers Lörrach, Andreas Nagy, es habe bislang in Lörrach „keine nennenswerten Vorkommnisse“ mit Flüchtlingen gegeben.

„Das sind Orte, die sonst niemand zum Wohnen vorschlagen würde“, reagierte OB Lutz auf die Aussage, das Füssler-Areal am Grüttpark und das Lauffenmühle-Gelände seien bei der Quartiersuche für eine AU ausgeschieden, da sich eine Lobby durchgesetzt habe.

Menschen dürften nicht abgeschoben werden, erklärte Hermann Rakow. „Wenn jeder der hier Anwesenden eine Familie betreuen würde, gäbe es keine Probleme.“

Die Neubürger hätten es verdient, nach zweijährigem GU-Aufenthalt auf die Stadt „verteilt“ und nicht in ein Ghetto gesteckt zu werden, sagte Ulrike Krämer. Die Devise müsse lauten: „Integrieren – nicht beaufsichtigen“, betonte die CDU-Stadträtin unter Beifall der Zuhörer.

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