Lörrach Jodelnde Schwarze Witwe

Die Oberbadische
„Musikerin Komma Perfomerin“ pflegt Erika Stucky zu antworten, wenn sie nach ihrem Job gefragt wird. Im Burghof feierte sie mit ihrem neuen Programm „Black Widow“ Premiere. Foto: Veronika Zettler Foto: Die Oberbadische

Erika Stucky mit ihrem Programm „Black Widow“ im Burghof Lörrach

Von Veronika Zettler Lörrach. Vom antiken Theater bis zum modernen Thriller: Durch alle möglichen Epochen und Kunstformen hat die schwarze Witwe ihre Fäden gesponnen. Jetzt setzt sich auch Erika Stucky mit dem giftigen kleinen Spinnlein auseinander und dekliniert reihenweise Deutungs- und Assoziationsmöglichkeiten.

Das Spinnenweibchen, das nach erfolgter Paarung das Männchen verspeist, die Frau, die sich selbst zur Witwe macht, indem sie einen (oder systematisch mehrere) Gatten umbringt, sowie nicht zuletzt, darauf hat die Künstlerin dieser Tage in einem Interview hingewiesen, Witwen im allgemeinen und Walliser Witwen, die für den Rest ihre Lebens schwarze Kleidung tragen, im besonderen. Deren dunkle Silhouetten hätten sie schon in jungen Jahren fasziniert. Im bilateralen Stucky-Kosmos bilden sie eines der vielen markanten Zeichen für den „Kulturschock“, den die Schweiz-Amerikanerin beim Übersiedeln von San Francisco ins Oberwallis erlebte, und den sie immer wieder zum Thema ihrer Performances macht.

Im folglich schwarzen Gewand betritt Stucky die Burghof-Bühne, scheppernd, keuchend, knurrend, auf dem Kopf eine Perücke, die kontrapunktisch wirkt, in Kontur und Farbe aber auch ein wenig an die Häupter der landsmännischen Clowninnen Gardi Hutter und Nadeschkin erinnert. Dass Komik im neuen Programm, den neuen Liedern nicht zu kurz kommen würde, hatten die Stucky-Fans erwartet, so wie sie bereits bei der Prinzessinnen-Nummer 2005 geahnt haben mochten, dass ein Witwen-Programm früher oder später die logische Folge sein würde. Zumal das Thema wie geschaffen ist für die schrägen und schrillen musikalischen Interpretationen und Dekonstruktionen, mit denen Erika Stucky zu einer der berühmtesten Bühnenfiguren der Schweiz wurde, breit gefächert und vor allem ambivalent genug, um zu einem klassisch sperrigen, nicht immer kohärenten, nicht immer auf Anhieb verständlichen Stucky-Paket zusammengeschnürt zu werden.

An dessen notwendigen Beigaben fehlt es denn auch bei der Premiere im gut gefüllten Burghof nicht. Da sind die Videoprojektionen, da ist das wasserfallartig sprudelnde walisisch-amerikanische Kauderwelsch, da sind die Jodler (wiewohl zum Leidwesen einiger Fans überwiegend in die Zugaben verbannt), die unvorhersehbaren Wechsel in Stimmung und Rhythmus, das permanente Umkippen der Hommage in die Persiflage - und natürlich Erika Stuckys Stimme, mit der sie einmal mehr alles macht, was man mit einer Stimme machen kann. Auch Geräusche, die in etwa so angenehm klingen wie die berühmten Fingernägel auf der Tafel.

Einmal mehr hat Erika Stucky hochkarätige Musiker um sich versammelt. Diesmal sind es David Coulter und Terry Edwards, mit denen sie vor drei Jahren an der „Rain-Dogs-Show“ mitwirkte, bei der mehrere Künstler das gleichnamige Album von Tom Waits neu interpretierten. Mit dabei ist außerdem der Schlagzeuger und Perkussionist Michael Blair, zumindest in Schlagzeugerkreisen eine lebende Legende und Meister darin, Alltagsgegenstände in sein Drumkit zu integrieren. Blair hat schon mit Allen Ginsberg zusammengearbeitet, noch öfter aber mit Tom Waits, auf dessen Platte „Frank’s Wild Years“ er unter anderem zu hören ist. Erika Stucky lieferte mehr oder weniger das Basismaterial, die männlichen Kollegen haben eigene Ideen hinzugefügt, mal einen Akzent, mal einen neuen Schwerpunkt, vor allem aber eine gehörige Portion verrätselter Tom-Waits-Ästhetik.

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