Lörrach Konzertante Unterhaltung erster Güte

Die Oberbadische
Nils Mönkemeyer (v.l.), Sabine Erdmann, Andreas Arend und Klaus-Dieter Brandt begeistern mit spanischem Kolorit. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Nils Mönkemeyer & Friends mit spanischer Musik im Burghof

Von Willi Vogl

Lörrach. Nils Mönkemeyers Lehrverpflichtung an der „Escuela Superior de Musica Reina Sofia“ in Madrid bildete die Initialzündung für sein außergewöhnliche Konzertprogramm mit spanischer Musik des Barocks und der Frühklassik. Zusammen mit Sabine Erdmann (Cembalo), Andreas Arend (Theorbe, Gitarre) und Klaus-Dieter Brandt (Violoncello) präsentierte er im gut gefülltem Burghof Musik von spanischen und italienischen Komponisten, die am spanischen Hof tätig waren.

Das Ensemble eröffnete mit der Jácara eines Komponisten, dessen Name nicht bekannt ist. Die Musik lebt neben der charakteristischen Verwendung der sogenannten spanischen Kadenz von allerlei originellen Setzungen, die von den Konventionen ihrer Zeit abzuweichen scheinen. Bringt man die Gattungsbezeichnung Jácara, eine Art musikalischer Satire, in Verbindung mit der Information, dass Andreas Arend Programme entwickelt, die seine Kompositionstätigkeit „mit dem Interesse für Alte Musik verbindet“, könnte man auf die Idee kommen, dass hier ein pfiffiger Komponist eine mehrschichtig amüsante Maskerade mit dem Publikum veranstaltet.

Der Italiener Gaetano Brunetti gilt als „spanischer“ Mozart. Tatsächlich gibt es bei seiner dreisätzigen Sonate in D-Dur vor allem in den Ecksätzen hinsichtlich Melodienreichtum, Vorhaltsbildungen und artikulatorischer Kontraste eine unüberhörbar große Schnittmenge mit der Musik des Salzburger Meisters. Mönkemeyer brillierte hier in lebendig inszeniertem Figurenwerk und tänzerischen Gesten.

Vielfältige spanische Farben wurden im Fandango in d-Moll von Padre Antonio Soler lebendig. Der rassige Tanz bot Raum für eine markant geschlagene Gitarre, die auch mal federnde Gegenbetonungen zu schmeichelnden Melodiepartikeln in Bratsche oder Violoncello beisteuerte sowie für wild wirbelnde Cembalofiguren, die durch stolzes Stampfen mit dem Fuß gegliedert wurden. Gelegentlich reduzierte sich die Musik auf Begleitfiguren. Die thematischen Leerstellen polierten die vier Musiker in delikater Differenzierung zu klanglichen Glanzlichtern auf und sorgten darüber hinaus mit Verve für einen tänzerischen Drive, der das Publikum bisweilen nicht nur innerlich bewegte.

Nach den andächtigen bis rustikalen Charakterstücken Luigi Boccerinis, denen nächtliche Straßenbilder Madrids zugrunde lagen, erklang Musik des Wandergitarristen, Musiksammlers und Komponisten Santiago de Murcia. Seinem „Canarios“, einer Folkloremelodie der Kanaren, liegen rhythmische Muster zugrunde, die zu unregelmäßigen Betonungen führen und eigentlich erst 200 Jahre später in der Kunstmusik Eingang fanden. Mönkemeyers frei atmende Melodiebögen bildeten einen erregenden Kontrast zur quirlig verdichteten Urwüchsigkeit der Kanaren.

Die berühmte Harmoniefolge von Arcangelo Corellis „La Follia“ in d-Moll dürfte der aufmerksame Kinobesucher wiedererkannt haben. Vielfach in der Musikgeschichte ausgeschlachtet findet man die Folge auch in Ridley Scotts „1492 – Die Eroberung des Paradieses“. Weniger pathetisch, jedoch mit ungleich stärkerer melodischer und artikulatorischer Fantasie erklang die Originalkomposition. Melodiöse Schmeicheleien, dichte Tremolo-Stürme und aggressives Schaben bestimmten den Verlauf. Die außergewöhnlichen Interpreten hätten damit nicht nur am spanischen Königshof des 18. Jahrhunderts beeindruckt, sondern lieferten auch für den Burghof des 21. Jahrhunderts konzertante Unterhaltung erster Güte. Die Zugabe, eine von überschäumendem Spielwitz getragene Seguidilla, entließ das begeisterte Publikum.

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