Lörrach. Lörrach brummt. Das Fränkli rollt mit dem Pkw in die Einkaufsstadt, in der Fußgängerzone gibt’s praktisch keine Leerstände. Über Chancen und Risiken der aktuellen Lage und Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt sprach Bernhard Konrad mit dem Pro Lörrach-Vorsitzenden Horst Krämer.
 
Herr Krämer, die Innenstadt läuft auf Hochtouren. Sind Sie mit der Situation zufrieden, oder sehen Sie auch Risiken?
 
Die Situation ist natürlich nicht schlecht. Das Märkte- und Zentrenkonzept funktioniert, und wir haben  kaum Leerstände. Wenn die Stadt voll ist, bedeutet das aber nicht unbedingt, dass alle Gäste einkaufen. Viele genießen die Möglichkeiten der Innenstadt  ohne Einkauf –  auch das ist ein Merkmal der  Aufenthaltsqualität in Lörrach.
Risiken könnten  entstehen, wenn der Frankenkurs wieder schwächer wird. Aber Garantien für die Zukunft gibt es ohnehin nicht: Wir müssen uns immer wieder neu beweisen, gute Sortimente führen und die Kunden sehr gut bedienen – ganz egal, wo sie herkommen.
 
Selbst die unzweifelhaft handelsfreundliche Wirtschatsförderin Marion Ziegler-Jung sprach davon, dass der gegenwärtige Frankenkurs und die daraus resultierenden Konsequenzen durchaus eine Herausforderung für Lörrach darstellen. Wie nehmen Sie die Stimmung in der Stadt wahr?
 
Ich denke, wir sollten unser gutes nachbarschaftliches Miteinander weiter pflegen –   auf beiden Seiten. Die Haltung: „Das ist aber unsere Stadt!“ wäre auf deutscher Seite ebenso zu kurz gedacht wie eine  Fixierung auf den Franken. Als Gast sollte man sich in einem Land entsprechend   verhalten, und die Einheimischen sollten gute Gastgeber sein.
 
Finden Sie den „Schweizer Tag“ noch zeitgemäß?
 
Wir wissen noch gar nicht, was wir an diesem Tag machen werden. Wir sind ja schon mal für die Alphornbläser in der Stadt kritisiert worden, das werden wir in diesem Jahr  lassen. Die Stadt wird am 1. August, einem Samstag, ohnehin voll sein.
 
Wenn Sie sich den hiesigen Branchenmix anschauen. Was braucht Lörrach noch?
 
Lörrach ist mit seinen Sortimenten sehr gut aufgestellt. Es fehlt vielleicht noch das ein oder andere kleine Fachgeschäft mit speziellem Angebot, aber ich sehe keinen  grundsätzlichen Mangel. Und wir sind von günstig bis hochwertig gut sortiert.
 
Bei Pro Lörrach wird häufig betont, dass nicht nur das Sortiment, sondern das gesamte Einkaufserlebnis entscheidend ist. Wie sehen Sie die Service-Orientierung des Lörracher Handels?
 
Jeder muss versuchen, der Beste zu sein: Das dient letztlich den Kunden. Das Personal muss sehr gut ausgebildet   sein: kompetent, wach, offen, freundlich. Manchmal haben die größeren Geschäfte hier etwas mehr Möglichkeiten in der Mitarbeiterschulung als die kleinen, wobei ich bei den richtig Großen mitunter die Gefahr sehe, dass sie etwas zu wenig Personal in der Fläche haben. Das kann  in Stoßzeiten problematisch werden.

Wie wichtig ist es, dass ein Magnet wie Karstadt in Lörrach bleibt?
 
Das ist ganz  wichtig für die Stadt. Karstadt hat sich in Lörrach toll weiterentwickelt und steht auch im Vergleich zu anderen Karstadt-Häusern sehr gut da. Ich wage gar nicht daran zu denken, dass es dieses Haus in Lörrach  nicht mehr geben könnte, es wäre ein Riesenverlust. Solch einen Anker wieder zu finden, könnte Jahre dauern. Deshalb hoffe und wünsche ich,  dass Karstadt  insgesamt die Kurve kriegt.
 
In einigen Jahren bekommen die Innenstadtgeschäfte weitere Konkurrenz durch das neue Dienstleistungszentrum. Lange haben Sie gesagt: 10 000 Quadratmeter zusätzliche Einzelhandelsflächen sind noch verträglich. Neuerdings denken Sie offen darüber nach, ob man noch mehr Einzelhandel an dieser Stelle überhaupt braucht.
 
Ich habe das deshalb gesagt, weil gerade wieder ein großes Einkaufszentrum am Flughafen ins Spiel gebracht wurde. Die Hangkante in Weil ist ja ebenfalls noch im Rennen. Wir sind gegen diesen Quadratmeter-Gigantismus an anderer Stelle:  Müssen wir  dann bei uns nochmal zusätzlich 10 000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche schaffen? Wir haben noch Flächen, die wir in der Innenstadt entwickeln sollten, das Riesgässchen-Areal zum Beispiel, auch im ersten Geschoss des Rewe sind noch Quadratmeter frei. Im großen  Gebäude der BW-Bank Ecke Basler-, Herrenstraße könnte man sich ebenfalls    eine andere Nutzung vorstellen.
 
Welche alternative Nutzung schlagen Sie für die Flächen im Dienstleistungszentrum vor? Und sollte die Palmstraße zur Fußgängerzone umgewandelt werden?
 
Man könnte an der Stelle eine tolle Wohnanlage bauen. Es könnten  ja im Bereich der Palmstraße noch Geschäftsflächen geschaffen werden, aber eine Fußgängerzone sehe ich da nicht unbedingt. Ich bezweifle, dass die Kundenfrequenz in der Palmstraße konstant hoch genug ist. Im Übrigen habe ich  viel Resonanz auf meine Überlegungen zum Dienstleitungszentrum in der Oberbadischen bekommen. Nach meinem Empfinden, halten auch eine Menge Bürger diesen weiteren Ausbau der Flächen angesichts des Lörracher Angebots nicht für notwendig.
 
Ein Argument gegen zusätzlichen Handel am Postplatz ist der zusätzliche Verkehr.
 
Konkurrenz im Einzelhandel würde nicht nur das Geschäft, sondern auch den Verkehr beleben. Wenn der Verkehr aber weiter aus der Stadt hinaus gedrängt werden soll, haben wir keine Chance, zusätzlich Kunden anzusprechen.
 
Was schlagen Sie vor?
 
Die Stadt geht auf unserer Ideen derzeit leider nicht  ein. Wir wollen einen Innenstadtring mit der Möglichkeit, an der Rießstraße links  in die Spitalstraße am Kreiskrankenhaus vorbei abzubiegen.
Wir haben doch auf der Bahnhofstraße regelmäßig chaotische Verhältnisse. Auf der anderen Seite, im Westen, haben wir die  ungenutzte Möglichkeit, eine weitere Achse nach Süden zu den Parkhäusern in der Spital- und Weinbrennerstraße zu schaffen. So wie das derzeit läuft, das kanns nicht sein!

Auch die  Zufahrt zur Tiefgarage des Dienstleitungszentrums  könnte über die Bahnhofstraße kaum funktionieren. Die Planer sehen das zu optimistisch. Wenn sich die Einkaufsstadt weiterentwickeln soll, dann müssen auch verkehrliche Maßnahmen stimmen: Da hat Lörrach noch Luft nach oben.