Lörrach Natur als ewiges Faszinosum

Die Oberbadische
Persönliche Statements zum Thema Natur sind derzeit in der VBK-Ausstellung im Dreiländermusuem zu sehen. Foto: Gabriele Hauger Foto: Die Oberbadische

VBK-Ausstellung im Lörracher Dreiländermuseum: Fotografie, Zeichnung, Malerei und Skulptur

Von Gabriele Hauger

Lörrach. Wie schön ist’s bei uns! Der erste Blick des Ausstellungsbesuchers fällt auf glänzend-satte Farben. Schwarzwaldhügel, im Vordergrund in üppigem Gelb blühende Wiesen, hinten dunkles Tannengrün. Frühling im Hochschwarzwald, mit der Kamera festgehalten von Martin Schulte-Kellinghaus.

Er zeigt in der neuen Ausstellung des Vereins Bildende Kunst Lörrach (VBK) im Dreiländermuseum zudem Nebelschwaden verhangene Berge, schön und geheimnisvoll oder die Wildheit und Naturbelassenheit eines Hochmoortals. Neben reiner Idylle drängen sich in anderen Arbeiten unterschiedlich ausgeprägt Spuren der Zivilisation. Der Ausschnitt eines gewaltigen Strommasts neben einem blühenden Apfelbaum wirkt dabei fast wie ein Kunstwerk. Vom ewigen Kreislauf des Wachsens und Vergehens zeugen die Rückeroberungen der Natur: Sattes grünes Pflanzenwerk überwuchert Schrottautos. Neben spektakulärer Naturschönheit richtet Schulte-Kellinghaus seinen Kamerablick also auch auf deren Bedrohung durch zum Teil scharfe Eingriffe des Menschen.

Seine Position zur Natur wird in der Ausstellung durch die Sichtweise von vier weiteren Künstler ergänzt: Neben Fotografie sind Malerei, Zeichnung und Skulptur in der von Gabriele Menzer, Sigrid Schaub und Hanna Benndorf kuratierten und sehr ansprechend gestalteten Schau zu sehen.

Zwischen den beschriebenen Fotoarbeiten erheben sich die haptisch-organischen Holzskulpturen von Kunihiko Kato, die allesamt den Titel „Lebewesen“ tragen. Der seit 1976 in Deutschland lebende Künstler schuf aus hellem Naturholz pflanzenähnliche Gebilde, meist nach oben strebend, deren feine, glatte Spuren man am liebsten mit der Hand nachspüren möchte. Sie wirken geradezu lebendig, manche wie Pflanzenstängel mit Samenkapseln, andere in Tropfen- oder Halbformen mit Spitzen und Durchbrüchen. Ein robuster Riesenpilz ist so deutlich identifizierbar, dass es fast misstrauisch macht, zumal der Künstler Japaner ist: Assoziationen zu einem Atompilz? Ähnliche Formen erarbeitet der Künstler auch aus Stein, mal rötlich, mal blau, mal meliert, mal in Blatt- oder Blütenform – auch sie ein Teil der Natur.

Seine Frau Atsuko Kato zeigt sich vor allem vom Ginkgo-Blatt inspiriert, Symbol für die Einheit in der Trennung, dessen Form sie variationsreich auf die Leinwand bringt. Ergänzt werden diese von traumhaften, intensivfarbigen Landschaften in Öl mit weiteren floralen Motiven. Darunter eine märchenhafte „Schneeschmelze“ oder träumerisch-surreale Wasser-Leben. An anderer Stelle präsentiert sie Aquarelle auf Steindruck, setzt überraschend neben eine zarte Kirschblüte ein Windrad: Hier trifft filigrane Naturschönheit auf Technik, die in diesem Falle ja zu deren Bewahrung erfunden wurde.

Als Japanerin beschäftigt sich Kato auch mit dem Haiku, einer traditionellen japanischen Gedichtform und zitiert unter anderem die bedeutenden Haiku-Dichter Matsuo Bashō oder Yosa Buson Kobayashi Issa, deren Worte sie zu passenden Blüten und Pflanzen setzt. Natur gemäß der japanischen Tradition oft mit hoher Kultur verbunden – auch dies eine Künstler-Position.

Dietrich Brucker, Mitglied der Fotografischen Gesellschaft Dreiland, begibt sich mit der Kamera in die Natur. Dabei geht er ganz nah ran, dringt in die Tiefe, nähert sich dem Waldboden. Geheimnisvolles in schwarz-weiß, der Erde nahe, dann wieder zoomt er an einzelne Baumstämme heran, an Verästelungen, Wurzelformen und Strukturen, Schönheiten der Natur, wie keine Künstlerhand sie besser schaffen könnte. Dazu einzelne Blätter, Gräser, auf Wasser schwimmend, überfrorene Äste oder Steine. Brucker geht der Natur auf den Grund. Doch auch er weitet den Blick, zeigt Bilder vom verschneiten Schwarzwald, diesmal aus der Ferne, die sehr melancholisch eine geradezu zeichnerische Qualität haben.

Mit Zeichenstift oder feinstem Tuschepinsel widmet sich in geradezu meisterhafter Akribie Eberhard Brügel der Natur. Auf Form und Schatten reduziert wirken seine Berge und Wälder fast unwirklich, zumal, wenn sie in Wolken und Nebel getaucht verwunschen fernab jeder Zivilisation präsentiert werden. Durch den Verzicht auf Farbe ist feinste Grautonabstufung gefordert, was der Künstler meisterhaft beherrscht.

Beeindruckend sind auch Brügels Baumstudien; Variationen einer Lärche, wobei jede Nadel, jede Faser, geradezu detailversessen und mikroskopisch klar aufs Blatt gebannt ist.

Die Natur ist seit jeher eine der größten künstlerischen Inspirationsquellen. Domestiziert oder sich selbst überlassen, in Einzelaspekten oder als Landschaftspanorama – ihrer Wirkung kann sich keiner entziehen. Und in ihrem unendlichen Kreislauf des Vergehens und Wachsens bleibt sie ein ewiges Faszinosum.

u  bis 21. Juni, Mi. - Sa., 14 bis 17 Uhr, So. 11 bis 17 Uhr

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