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Lörrach Plädoyer für mehr Gelassenheit

Die Oberbadische
Rainer Moritz Foto: Greiß Foto: Die Oberbadische

LebensstilRainer Moritz liest aus seinem Buch „Schnauze voll! Schluss mit dem Optimierungsquatsch“

Wie werden wir bessere Eltern, Partner und Sportler? Wie holen wir aus unserer Zeit das Optimum heraus, um möglichst viel erledigt zu bekommen? Der moderne Mensch scheint sich in einer Optimierungsspirale verfangen zu haben. Rainer Moritz, Autor und Leiter des Hamburger Literaturhauses, geht dieser Zeitgeist auf den Geist.

Von Markus Greiß

Er plädiert dafür, sich nicht ständig verbessern zu wollen. Am Montagabend war er zu Gast in der Stadtbibliothek, um aus seinem Buch „Schnauze voll! Schluss mit dem Optimierungsquatsch“ zu lesen und Erklärungen für den Wunsch zur Selbstoptimierung zu finden.

Dabei nahm Moritz die Zuhörer mit auf eine Zeitreise in die Nachkriegszeit, als sich Deutschland nach der Katastrophe der Nazi- und Kriegszeit in die Verwirklichung des Wirtschaftswunders flüchtete. Zu dieser Zeit sei die Maxime „Ohne Fortschritt und Wachstum ist alles nichts“ entstanden. Eine Zeitlang seien junge Kritiker noch mit dem Satz „Du sollst es einmal besser haben als deine Eltern“ mundtot gemacht worden. Doch die Wirtschaftswunderwelt bekam bald Risse: Studentenrevolte und zwangsautofreie Sonntage während der Ölkrise nährten Zweifel am Gelingen des endlosen Wachstums.

Gleichzeitig wollten viele Menschen eine bessere und gerechtere Gesellschaft schaffen. Diese Utopie sei längst begraben. Angesichts der aktuellen Krisen würden die politischen Verantwortlichen nur noch an einem Flickenteppich basteln und ihr überfordertes Volk ruhigstellen. Wenn aber das Individuum die Gesellschaft nicht mehr verstehen und verbessern kann, so Moritz‘ These, wendet es sich von ihr ab. Es suche „Reservate der Beschäftigung mit sich selbst“ und finde sie in der Selbstoptimierung, die in vielen Lebensbereichen Blüten treibe.

Da bemühten sich Menschen um ewige Schönheit, und „Helikoptereltern“ würden ihre Kinder im Bemühen um die perfekte Erziehung „perfekt verziehen“. Der selbstoptimierte Mensch versuche, alle Lebensfelder in den Griff zu bekommen – etwa durch Smartphone-Apps, die alle möglichen Köperfunktionen analysieren. Doch es ist wie in der Geschichte vom Hasen und vom Igel: Dem Hasen gleich hetzt der Selbstoptimierer von Ziel zu Ziel und kommt doch nicht an, denn laut Moritz ist die „Selbstoptimierung ein nicht abzuschließender Vorgang“. Dies nicht zu verstehen, führe so manchen Menschen in die völlige Erschöpfung, den „Burnout“. Daher Moritz‘ Plädoyer: Schluss mit dem „Optimierungsquatsch“ machen und mehr Gelassenheit üben.

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