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Lörrach Raus aus dem Alltag zweiter Klasse

Die Oberbadische
Die Berliner Lesebühne (v.l) Lars Ruppel, Volker Strübing, Malte Rosskopf, Paul Bukowski, Felix Römer und Kurator Tilman Scheipers. Foto: Ursula König Foto: Die Oberbadische

Burghofslam: „Wortgewandt II“: „Schnaps und Würde“ mit der Berliner Lesebühne

Von Ursula König

Lörrach. Mit dem vielversprechenden Programmtitel „Schnaps und Würde“ brachte die Berliner Lesebühne am Samstag im vollbesetzten Burghof Foyer im Rahmen des Burghhofslams „Wortgewandt II“ nicht nur einige literarische Kostbarkeiten einem begeisterten Publikum näher. Die Poeten Lars Ruppel, Volker Strübing, Felix Römer, Paul Bokowski und Malte Rosskopf schenkten auch eifrig nach, wenn es darum ging, den mitgebrachten Schnaps zu verteilen.

Der unbekümmerte Umgang mit dem Hochprozentigen steht für die unkonventionelle Art, mit der die jungen Poeten fantasievoll und spielerisch an die Sprache herangehen. So überraschte die Lesebühne mit rhetorisch ausgefeilten Kunstwerken, welche von der individuellen Handschrift ihres Verfassers geprägt sind. Die Lesebühnen setzen sich aus renommierten „Slammern“ zusammen, die wie die Berliner auch, teilweise mehrfache Preisträger des Genres sind. Ob Prosa oder Reimform: Die Themen streifen alltägliche Beobachtungen ebenso wie philosophische Betrachtungen. Zum Aufwärmen startet Felix Römer mit einem Publikumstest, denn die drei Flaschen Schnaps wollen sie nicht alleine austrinken. Sie setzen auf geistreiche Zwischenrufe ihres Publikums, sinnieren darüber, dass es schön ist, wenn man etwas bekommt, was man nicht verdient oder nehmen Redensarten unter die Lupe ihres rhetorischen Scharfsinns.

Doch wenn es aussieht, „wie bei Hempels unter dem Sofa“, dann kann auch Lars Ruppel nicht wirklich klären, um wen es sich bei besagter Familie eigentlich handelt. Mehr Licht bringt Paul Bukowski in seine komplizierten polnischen Familienverhältnisse. Malte Rosskopf, „zukünftiger Günter Jauch“ stellt nach der Pause seine Qualitäten als Quizmaster unter Beweis, bevor Ruppel sich ausufernd der Redensart „die Kuh vom Eis holen“ widmet. Ein Text für Menschen, „die die falschen Dinge tun“ beschreibt den „Alltag zweiter Klasse“ und spinnt Gedanken über den „alltäglichen Trott“ zu einem fein verwobenen Netz, wenn „der Wind nach Aufbruch und Heimweh schmeckt“. Volker Strübing erhellt den „Aufstand der Verlassenen“ angesichts glücklicher Pärchen, denn „schlecht gelaunte Ottonormalverbraucher schätzen glückliche Menschen nicht.“ Doch er hat erkannt: „Wir alle sind Tauben, die mit nur einem Flügel geboren werden.“

Es sind markante Pole, zwischen denen sich die Texte bewegen. Das Alltägliche mit neu beleben und zementierte Weisheiten in Frage stellen mit einer Leichtigkeit, die nichts Festgefahrenes akzeptiert; dies gehört sicher zur Essenz des Abends, der einige Überraschungen birgt. Es ist der Blick „unter die Oberfläche“, wie die Zugabe zum Schluss zeigt, die viele erhellende Momente bietet.

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