Von Beatrice Ehrlich Lörrach. Es ist was los im Nellie Nashorn am Mittwochabend. Man trifft sich, plaudert bei feinen Kleinigkeiten aus der Nellie-Küche; der Tisch „Neu in Lörrach“ findet reges Interesse; und dann sind da noch die drei Damen, die ein Schild auf ihrem Tisch aufgestellt haben: „Jüdisch-deutscher Freundeskreis“. „Brucha habaa“, herzlich willkommen heißt das auf Hebräisch. Christel Rütschlin, Claire Niggli und Fabienne Domb sind die Initiatorinnen und zugleich der feste Kern dieser Runde, die sich seit etwa einem Jahr regelmäßig trifft, meistens im Rahmen des Sprachencafés. Kennengelernt haben sie sich über ihre gemeinsame Leidenschaft: die Kunst. Alle drei sind Kunstschaffende und stellen regelmäßig aus. Gemeinsame Leidenschaft Eine weitere Gemeinsamkeit ist ihr enge Verbindung zu Israel, die bei jeder von ihnen auf ganz individuelle Art entstanden ist: Fabienne, in Frankreich geborene sephardische Jüdin, ist in einem kleinen Ort in Galiläa aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Möhlin nahe dem schweizerischen Rheinfelden. Claire Niggli, die später mit einem Juden verheiratet war, erzählt die Anekdote, wie ihr als junge Frau während eines Israel-Aufenthalts ein Mann gewissermaßen das Leben gerettet hat, indem er sie in ein Gespräch verwickelte. Nur dadurch war sie nicht in einen Bus eingestiegen, auf den kurz darauf ein blutiger Anschlag verübt wurde. Die Künstlerin und Journalistin Christel Rütschlin hat das Land auf Reisen mit „Insidern“ kennengelernt und ist sehr am kulturellen Austausch und am interreligiösen Dialog interessiert. Das neu entstandene Sprachencafé im Nellie war für die Rheinfelderin ein willkommener Impuls, den jüdisch-deutschen Freundeskreis in Lörrach ins Leben zu rufen um zu sehen: „Wie ist das Interesse in Lörrach"“. Sie hat mit der israelitischen Kultusgemeinde Kontakt aufgenommen und hofft, die Beziehungen weiter ausbauen zu können. Vom Hebräisch-Kurs an der VHS waren auch schon Leute da. „Da lernt man wahnsinnig interessante Menschen kennen“, schwärmt sie. Claire, die, wie sie berichtet, schon mehrere „Salons“ gegründet hat, in Paris, aber auch in Basel den „Jour fixe contemporain“ im Unternehmen Mitte, liebt es, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und ist selbst eine anregende Unterhalterin. „Ich finde jede Stadt braucht einen Treffpunkt für ein anliegenloses Gespräch“, sagt die lebenserfahrene Fotografin, die neben Basel einen Wohnsitz in Paris hat. Auch wenn sie heute nur zu dritt sind, der Gesprächsstoff geht den drei Frauen nicht aus: Fabienne erzählt von der Herkunft ihrer Mutter aus Marokko, aus dem sie flüchtete und Hab und Gut zurücklassen mussten. Die Familie ist wichtig: Vor allem mit ihren zwölf Geschwistern, aber auch mit ihren Kindern pflegt sie engen Kontakt – die elektronische Kommunikation macht es möglich. Sie spricht sechs Sprachen, dazu kommt Schweizerdeutsch. Christel berichtet, was sie an der jüdischen Kultur so fasziniert, in einem Ordner hat sie alles gesammelt, was ihr in der Region zu dem Thema in die Hände gefallen ist: Zeitungsartikel, Interviews, Briefe, Telefonnummern und Adressen. Immer wieder wird das Gespräch unterbrochen – Hebräisch lernen wollen sie doch auch. Ein Stapel Bücher liegt bereit. n  Das nächste Treffen des Jüdisch-deutschen Freundeskreises findet am 6. April um 19.30 Uhr statt. Jeder ist willkommen.