Von Kristoff Meller und Bernhard Konrad
Lörrach. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Kopplung des Franken an den Euro aufgehoben und damit nicht nur an den Finanzmärkten Turbulenzen ausgelöst, sondern entlang der deutsch-schweizerischen Grenze ebenfalls für Diskussionen gesorgt – auch in Lörrach.

Seit mehr als drei Jahren galt ein Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro, dieser ist nun hinfällig. Das heißt: der Franken wird zumindest zunächst noch stärker werden. Was bedeutet das für die große Kreisstadt?

André Marker, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Lörrach-Rheinfelden: „Ich habe damit gerechnet, dass die SNB ihre Politik des Euro-Ankaufs nicht das ganze Jahr durchhalten kann, aber der frühe Zeitpunkt ist wirklich überraschend. Wir haben heute permanent unsere Kurse an den Automaten und Schaltern angepasst, aber den Handel nicht ausgesetzt. Entscheidend war, dass es dennoch einen Fixingkurs gab, der unter den Banken gehandelt wurde.

Die Kaufkraft der Schweizer wurde heute natürlich mit einem Schlag deutlich erhöht und ich glaube, dass wir künftig noch mehr Schweizer bei unseren Einzelhändlern sehen werden. Gleichzeitig hat sich auch das Einkommen unserer Grenzgänger massiv erhöht. Selbst wenn die SNB intervenieren sollte, um einen Kurs von 1,10 zu erreichen, gibt es eine nachhaltige Einkommenserhöhung für die Grenzgänger, was sich ebenfalls positiv auf die Kaufkraft in der Region auswirkt.

Eine Frage ist, wie die Schweizer reagieren, die bei deutschen Banken Geld angelegt haben. Sie haben zwar einen Kursverlust erlitten, dafür gibt es hier aber immerhin noch eine gewisse Verzinsung, während in der Schweiz ein flächendeckender Negativzins eintreten wird.

Auch Kunden mit einem Darlehen in Schweizer Franken sind betroffen, zumindest wenn sie keine Einkünfte in Franken haben, ist ihr Kredit nun deutlich teurer. Insgesamt gibt es sehr vielfältige Wechselwirkungen und man muss abwarten, wie sich der Kurs manifestiert. Nur eines ist sicher: Einen Franken-Kurs von 1,20 werden wir auf absehbare Zeit nicht mehr sehen.“

Ulf Bleckmann, Vorstand Volksbank Dreiländereck: „Diese Entscheidung kam völlig überraschend, weil die SNB noch im November bei der Volksabstimmung wortgewaltig die Kopplung von Goldreserven und Euro-Mindestkurs betont hat. Durch die Aufgabe dieser Kopplung gibt es nun einen gewaltigen Reputationsverlust. Die SNB ist heute der große Verlierer.

Als der Euro-Kurs als Überreaktion heute Vormittag auf 0,86 Franken abgerutscht ist, haben wir den Tausch mit der Währung ausgesetzt, weil die Folgen zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar waren. Auch wenn wir damit den ein oder anderen Schweizer in unseren Filialen verärgert haben. Ich gehe aber davon aus, dass wir im Laufe des Nachmittags wieder Kurse stellen werden und zum normalen Betrieb zurückkehren. Vermutlich wird es morgen und übermorgen längere Schlangen vor den Geldautomaten geben.

Die Zahl der Schweizer Kunden in Lörrach wird sicher noch einmal steigen. Hat es sich bisher schon gelohnt, aus dem Wallis über die Grenze zu fahren, lohnt es sich jetzt auch für Tessiner bei uns dem Konsum zu frönen.“

Thomas Nostadt, Geschäftsführer der Wohnbau Lörrach: „Das wird Auswirkungen haben, die wir heute noch gar nicht absehen könne. Das Kaufkraftgefälle wird zumindest kurzfristig noch größer. Wie sich die Dinge langfristig entwickeln, müssen wir erst noch sehen.

Viele Wohnungsbauunternehmen entlang der Grenze, die ihre Projekte in relevanten Teilen in Schweizer Franken finanziert haben, könnten nun in Schwierigkeiten kommen.“

Horst Krämer, Vorsitzender Pro Lörrach: „Diese überraschende Entwicklung wird dem Lörracher Einzelhandel vermutlich noch mal einen Schub geben und mehr Kunden aus der Schweiz anlocken, allerdings rechne ich nicht mit einem so großen Ansturm wie vor zwei Jahren. Für den Schweizer Handel und die Wirtschaft ist es natürlich eine schwierige Situation.“

Marion Ziegler-Jung, Wirtschaftsförderin der Stadt Lörrach: „Das wird sich zunächst belebend auf den Handel der Einkaufsstadt Lörrach auswirken. Dennoch gehen damit auch Herausforderungen einher: etwa was die Sicherstellung der Servicequalität durch den Handel oder die Erreichbarkeit der Stadt für noch mehr Schweizer angeht – aber auch mit Blick auf unsere Kunden, die nicht von dieser Maßnahme der SNB profitieren. Für die Grenzgänger ist das nun quasi eine Gehaltserhöhung, aber wir müssen abwarten, wie sich die Dinge in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln werden.“