Attraktiver und prosperierender Wohn- und Wirtschaftsstandort auf der einen, knapper Wohnraum mit steigenden Mieten und Grundstückspreisen auf der anderen – das sind die zwei Seiten der  Bevölkerungsentwicklung, mit der die Stadt Lörrach derzeit zu kämpfen hat.

Von Kristoff Meller
Lörrach.  „Der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist groß“, erklärte Oberbürgermeister Jörg Lutz. Gerade große Familien hätten „kaum eine Chance“, in der Stadt eine passende Wohnung zu finden, und auch für Arbeitgeber im öffentlichen Dienst  werde es zunehmend schwieriger, neue Mitarbeiter  zu locken, da Besoldung und Wohnkosten in der Lerchenstadt in keinem gesunden Verhältnis stünden:   „Die Preise auf dem Wohnungsmarkt sind nicht vermittelbar“, beklagte Lutz.  

Seit dem Zensus im Jahr 2011 ist die Bevölkerung in Lörrach  dennoch um  1037 Einwohner angestiegen (siehe Grafik). Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg gibt als vierteljährlichen Bevölkerungsstand der Stadt Lörrach für das erste Quartal 2015 48 677 Einwohner an. Bei einer Gemarkungsgröße von 3943 Hektar  entspricht dies einer Bevölkerungsdichte von 1234 Einwohnern pro Quadratkilometer. Im Vergleich zu anderen Kommunen im Landkreis fällt das Wachstum prozentual jedoch geringer aus. „Der limitierende Faktor ist es, eine Wohnung zu finden“, erklärte Bürgermeister Michael Wilke.

Wohnungsmarkt als „limitierender Faktor“

Das Durchschnittsalter ist unterdessen von 40,5 Jahren (1995) auf 43,1 Jahre im Jahr 2014 angestiegen. Die Bevölkerungszunahme ging lediglich in den Jahren 2011 und 2012 auch auf einen Geburtenüberschuss zurück, sie ist ansonsten allein durch den Wanderungssaldo begründet.   „Wir reden immer nur von Belastungen, aber das ist ein Kompliment für die Stadt“, befand Wilke. Zumal der nur geringe Anstieg beim Durchschnittsalter zeige, dass „viele junge Leute nachgekommen“ seien. Die große Zahl an Flüchtlingen in der Stadt, die aufgrund des großen Familienanteils ebenfalls für eine Verjüngung sorgen werden, seien dabei noch gar nicht eingerechnet. Die Verwaltung müsse sich darum verstärkt mit dem Thema Kinderbetreuung  auseinandersetzen, so Wilke.

Der Wanderungssaldo speist sich laut der Stadtverwaltung aus drei Quellen: Sehr erfreulich sei zum einen die kontinuierliche Zunahme der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Innerhalb der letzten Dekade sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigte von 17 744 auf 20 650 angestiegen und sei damit  so hoch wie vor 30 Jahren.

Diese Steigerung gehe vor allem auf das Wachstum der Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich zurück. Mit 12 700 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wohne mehr als die Hälfte nicht in Lörrach, sondern pendle täglich nach Lörrach ein. 6650 Bürger verließen täglich die Stadt, um in benachbarten Gemeinden auf der deutschen Seite zu arbeiten.

Zahl der Grenzgänger seit 2001 mehr als verdoppelt

Eine zweite wichtige Quelle des Wanderungssaldos sei die Zunahme der Grenzgängerbewilligungen. Die Zahl habe sich seit 2001 mehr als verdoppelt und lag 2014 allein für die Stadt Lörrach bei 6145. Davon pendelten rund 3700 Grenzgänger in den Kanton Basel-Stadt, weitere 1500 in den Kanton Baselland und rund 600 in den Kanton Aargau. Vor diesem Hintergrund werde Lörrach die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative und die Auswirkungen auf die grenznahen Gemeinden mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen. Die dritte Quelle für den Zuzug nach Lörrach sei die hohe Attraktivität der Lerchenstadt   mit ihrem Kultur-, Bildungs-, Einkaufs- und Freizeitangebot.

Damit sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Lörracher Wohnungsmarkt nicht noch mehr öffnet, werde weiter gebaut: „Die Verdichtung steht dabei nach wie vor an erster Stelle, aber wir können auch keine neuen Wohnungen zaubern“, erklärte Lutz. Bis zum Jahresende werden allerdings   immerhin rund 125 Wohneinheiten entstanden sein, davon 25  in Einfamilien-, Doppel- oder Reihenhäuser und 100 in Mehrfamilienhäusern. Weitere Projekte sind in Planung.  Für das Gebiet nördlich des Engelplatzes läuft bereits eine Mehrfachbeauftragung für ein Wohnprojekt, für ein weiteres Projekt an der Wallbrunnstraße wurden die Pläne bereits im Gestaltungsbeirat vorgestellt.

Wirtschaftlichkeitsberechnung und Zeitschiene für Umsetzbarkeit

Die Neubaugebiete Belist in Haagen und Soormattbach in Hauingen sind in Vorbereitung. Für die im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Potenzialflächen Alte Rheinfelder Straße auf dem Salzert und Bühl III in Brombach wird 2016 eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und eine Zeitschiene für die Umsetzbarkeit erarbeitet. Für das MMZ-Gelände, städtisches Eigentum und derzeit ein Parkplatz, gibt es verschiedene Nutzungsvorstellungen.

Mit der Auswahl des künftigen Standorts des Kreiskrankenhauses stehe 2016 eine weitere wichtige Entscheidung mit potenziellen Folgewirkungen beim Thema Wohnen an. Das Areal des Kreiskrankenhauses  sei ein attraktiver Innenstadtstandort, der einen Nutzungsmix aus Arbeiten, Wohnen und Dienstleistungen bieten könnte.