Engombe freute sich, den Kindern zu begegnen, und mit ihnen über ihre eigene Kindheit ins Gespräch zu kommen. Auf sehr feinfühlige Weise führte sie die Kinder an ihre schwierige Situation heran, die sie erlebt hat, als sie selbst in diesem Alter war. Seit ihrem zweiten Lebensjahr auf der Flucht, die Eltern wegen politischer Aktivitäten gegen die Apartheid im Gefängnis, sie selbst im Flüchtlingslager. Eines Tages wurde sie gefragt, ob sie nach Deutschland wolle. Sie hatte keine Ahnung, was Deutschland ist, sie war nur überzeugt: Besser als dort zu leben, wo sie war, musste es auf alle Fälle sein. Also stimmte sie zu, stieg in den Kleidern, die ihr die Mutter einer Freundin geschenkt hatte, in den Bus und wurde in die ehemalige DDR gebracht. Dort verbrachte sie ihre Kindheit und Jugend in verschiedenen Kinderheimen. Das Ziel war, die Kinder zur neuen Elite Namibias zu erziehen. Dazu gehörte nicht nur eine gute Schulbildung, sondern auch militärische Übungen.
Das alles bestimmende Thema für Lucia Engombe war damals und auch in ihrem Erzählen das Essen: wie man Vögel schießt, wie man eine Maus brät und auf sechs Kinder aufteilt. Diese Erfahrung kannten die Kinder aus der Grundschule nicht – höchstens die, dass ihnen nicht schmeckt, was auf dem Teller ist. Über Kriege, Bomben, Flucht, Gefährdung wussten sie zum Teil aus den Kindernachrichten gut Bescheid. Was es bedeutet, von den Eltern getrennt zu sein, konnten sie nachfühlen, denn das will kein Kind.