Lörrach Vom Dichte-Stress zum Dichte-Glück

Die Oberbadische
Tilman Harlander Foto: Lustig Foto: Die Oberbadische

Stadtentwicklung: Vortrag des Stadt- und Wohnsoziologen Tilman Harlander

Von Gerd Lustig

Lörrach. Die Mietpreisbremse hält er nicht unbedingt für ein geeignetes Instrument, schon eher plädiert Professor Tilman Harlander für die Festlegung einer Quote für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auch in mittleren Städten. „Freiburg hat sich eine Quote von 50 Prozent verordnet, Lörrach benötigte mindestens 30 Prozent“, betonte er beim Vortrag in der Reihe „Stadtplan Lörrach – Lörrach plant Stadt“ am gestrigen Vormittag vor rund 80 Zuhörern im Max Josef Metzger-Haus.

Bei seinem Thema „Wohnungsbau, Dichte, Mischung – neue Herausforderungen und Chancen“ war es dem Stadt- und Wohnsoziologen der Uni Stuttgart wichtig, dass künftig neben der Wohnbau Lörrach auch andere Bauträger via Wohnbauförderung in die Schaffung von sozial verträglichem und bezahlbarem Wohnraum einsteigen – zumal sich zuletzt die Fördermöglichkeiten durch das Land verbessert haben. Es müsse gelingen, auch private Investoren dazu zu bringen, dass sie sich an der sozialen Mischung beteiligten und für eine, wie er es nannte, sozialgerechte Bodennutzung sorgten. Und an die Stadt gewandt, riet er: „Sie dürfen bei der Bodenvorratspolitik nicht Haushaltspolitik betreiben, die sich an zu erzielenden Höchstpreisen orientiert: Gebraucht werden Konzeptpreise.“

„Wir müssen tätig werden und Wohnraum schaffen und nochmals Wohnraum schaffen, wobei ökologische und auch qualitative Aspekte berücksichtigt werden müssen“, hatte zuvor schon Oberbürgermeister Jörg Lutz in seinen Einführungsreferat erklärt. Fachbereichsleiterin Monika Neuhöfer-Avdic hat rund 2000 bis 2500 neue Wohnungen als Ziel bis zum Jahr 2025 ausgegeben. Unter anderem sind auch im Bereich Salzert-Nord gut 300 neue Bleiben geplant.

Da in Lörrach Flächen äußerst knapp sind, rückte Harlander das Thema Dichte besonders in den Fokus. Viel zu lange habe man sich hier – wie vielerorts auch – zu lange auf Statistiken verlassen, die im Zuge einer nicht gerade vorausschauenden Bodenpolitik einen viel zu niedrigen Bedarf an Wohnraum prognostizierten. Lörrach sei aber stets Zuzugsraum gewesen. Bis zum Jahr 2030 wird mit einer Zahl von 53 000 Einwohnern gerechnet. Gleichwohl habe der Dichtebegriff in den vergangenen Jahren eine Umwertung erfahren. Bei Verdichtung und vertikaler Nachverdichtung gehe es immer auch um Durchwegung, Begegnungsmöglichkeiten und Aufenthaltsbereiche im neuen Quartier. Und: „Jede Dichte hat und braucht ihren Ort, und der muss verhandelt werden“, so Harlander. Denn: Es gebe auch falsche Dichten am falschen Ort. Die Problematik dürfe nicht allein Planern überlassen werden.

„Dichte ohne Funktionsnutzung ergibt meist lediglich sterile Schlafplätze“, betonte er. Um aber von einem „Dichte-Stress“ hin zum „Dichte-Glück“ zu kommen, brauche es im jeweiligen Quartier Engagierte, um Abwärtsspiralen zu vermeiden. So seien etwa Gemeinschaftsräumen für eine erfolgreiche und funktionale Mischung der Menschen wichtig.

Wofür der Professor ebenso plädierte: Die Barrierefreiheit beim Bauen nie aus den Augen zu verlieren. Wenn schon künftig, um schneller zu Neubauten zu kommen, barrierearm geplant werde, so müssten die Wohnungen jederzeit nachrüstbar sein.

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