Mehrere schwere Stürze mit teils erheblich verletzten Radfahrern haben sich   in den letzten Tagen auf vereisten Lörracher Nebenstraßen ereignet. Vor allem die Rebgasse war betroffen, aber auch andere kleinere Straßen sind mit einer Schicht aus Eis und Schnee überzogen. Doch anders als viele vielleicht annehmen, ist der Werkhof  dort nicht für die Räumung zuständig.

Von Kristoff Meller

Lörrach. „Die Verkehrssicherheit ist nicht gewährleistet. Dies ist kein Spaß“, beklagt Dieter Schmale aus Stetten in einem offenen Brief an die Stadtverwaltung über die Situation in der Rebgasse. Seine Frau ist dort am 12. Januar mit dem Fahrrad gestürzt und hat sich laut Schmale Schädelfrakturen zugezogen und „fast ihr Auge verloren“.

Kieferbruch und ein aufgeschlagenes Kinn

Sie ist nicht das einzige Glatteis-Opfer:  „Allein aus dem Bereich der Kollegen an der Freien Evangelischen Schule sind in Stetten zwei weitere Lehrer gestürzt“, schildert Schmale. Die Bilanz: Ein Kieferbruch und ein aufgeschlagenes Kinn. „Wir trafen uns in der Notaufnahme.“ Dazu seien auch vier Kinder mit ihrem Rad weggerutscht, aber mit ein paar blauen Flecken davon gekommen.

Da es sich im Falle von  Schmales Frau um eine  Fahrt zum Arbeitsplatz handelte, wurde der Unfall an die Berufsgenossenschaft weitergeleitet. Im entsprechende Formular wurde laut Schmale auch nach der Zuständigkeit für die Verkehrssicherheit gefragt –  er trug die Stadt Lörrach ein.

Doch damit lag er offenbar  falsch: „In der städtischen Satzung zum Winterdienst, die vom Gemeinderat verabschiedet wurde, ist geregelt, welche Straßen geräumt werden und welche nicht“, erklärte Bürgermeister Michael Wilke gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Laut Satzung werden zunächst die  Haupt- und Sammelstraßen nach einem Dringlichkeitsplan vom Schnee befreit, dann folgen die ÖPNV-Strecken, Wohnsammelstraßen sowie  gefährliche Streckenabschnitte und Gefällstücke. Hinzukommen rund 500 Bushaltestellen, Fußgängerüberwege und andere Stellen, die von Hand mit Schaufel und Salz geräumt werden.

„Danach ist erst einmal Schluss“, so Wilke. „Natürlich tut es mir leid, wenn sich jemand verletzt, es ist aber aus personellen und finanziellen Gründen nicht zu leisten, alle Straßen zu räumen“, erklärte der Bürgermeister, schließlich seien die städtischen Straßen zusammen 180 Kilometer lang.

Bei entsprechender Witterung wird  nicht nur das gesamte Werkhof-Team alarmiert, sondern es wird von Mitarbeitern der anderen städtischen Eigenbetriebe unterstützt. „Die lassen alles stehen und liegen“, so Wilke. Anschließend benötigten diese aber natürlich Zeit, um die Arbeit nachzuholen und  müssten dabei ihre Ruhephasen einhalten.

Auf Streusalz  möglichst verzichten

Die Rebgasse fällt laut  Wilke aber ohnehin „nicht in die städtische Räumpflicht“. Denn die kleine, teils nicht  asphaltierte Straße in Stetten verfügt über keinen Gehweg, so dass laut Räum- und Streupflichtsatzung der Stadt Lörrach (siehe Kurzinfo) die Anlieger dazu verpflichtet sind, die Straße auf ihrer Seite  „auf einer Breite von mindestens 1,20 Metern zu räumen“.

Hierfür sei auch der Einsatz von Streusalz erlaubt, wenn sich dicke Eisplatten bilden, die mit Schneeschaufeln kaum noch zu entfernen sind.   „In der Satzung steht kein grundsätzliches Verbot für den Einsatz von Streusalz, aber es gibt eine Empfehlung aus Umweltschutzgründen, darauf möglichst zu verzichten“, erklärte Wilke. Denn: „Größere Mengen Salz   schaden  der Umwelt und insbesondere den Bäumen an den Straßen, auch in den Kläranlagen führt es zu Problemen und die Pfoten von Hunden und Katzen leiden ebenfalls darunter.“

Für Schmale ist die derzeitige Regelung unbefriedigend: „Das ist ja ein richtiges Politikum und muss dringend geändert werden“, sagte er gestern im Gespräch mit unserer Zeitung, nachdem er erfahren hatte, dass  die Rebgasse und andere Nebenstraßen nicht in die Zuständigkeit des Werkhofs fallen. „Die Stadt gibt so viel Geld aus, aber da wo es drauf ankommt, wird gespart.“

Räum- und Streupflicht
Straßenanlieger in Lörrach sind verpflichtet, den Gehweg von Schnee- und Eisglätte mit abstumpfenden Mitteln zu bestreuen. Gehwege sind auf einer Breite von mindestens 1,20 Metern zu räumen. Gleiches gilt für Treppen und Fußwege sowie für Straßen, an denen kein Gehweg angelegt ist, und für Verkehrsflächen in verkehrsberuhigten Bereichen. In der Fußgängerzone ist in einer Breite von zwei Metern zu räumen. Die Räum- und Streupflicht ist auf die Zeit von 7 Uhr (an Sonn- und Feiertagen von 8 Uhr) bis 20 Uhr begrenzt. Der Einsatz von salzhaltigen Stoffen sollte aus Umweltschutzgründen  auf ein Minimum beschränkt werden. Quelle: Stadt Lörrach