Traditionell wurde am gestrigen Volkstrauertag auf allen Lörracher Friedhöfen den Opfern von Krieg und Gewalt gedacht. Überschattet wurden die Feierlichkeiten allerdings von den Ereignissen am Freitagabend in Paris.
Von Silvia Waßmer
Lörrach. „Normalerweise gedenken wir am Volkstrauertag der Opfer der beiden Weltkriege und allen Opfern von Krieg und Gewalt“, sagte Oberbürgermeister Jörg Lutz in seiner Ansprache auf dem Hauptfriedhof. Allerdings sei es „heute nicht normal“, führte er weiter aus. „Wir sind alle betroffen von den feigen Terroranschlägen in Paris“, erinnerte Lutz an die Ereignisse vom Freitag, bei denen mindestens 128 Menschen „vollkommen sinnlos“ ihr Leben lassen mussten. „Gewalt und Terror sind ganz deutlich zu uns gekommen“, sagte Lutz und spannte anschließend den Bogen zum Thema Flüchtlinge – seien es doch diese Menschen, die vor Gewalt und Terror geflohen seien.
Er rief dazu auf, sie mit Wohlwollen aufzunehmen und in das gesellschaftliche Leben zu integrieren. Zudem erinnerte er an die Fluchtwellen nach den beiden Weltkriegen, bei denen viele Menschen „mit anderem Zungenschlag und kulturellem Hintergrund“ angekommen seien, deren Einbürgerung gelungen sei. „Wir werden auch diese Integration schaffen“, erklärte das Stadtoberhaupt, räumte aber ein, dass es keine leichte Aufgabe werden wird.
Dunkel gekleidet und mit braunen oder schwarzen Lederkoffern ausgestattet, brachten Schüler der SMV des Hans-Thoma-Gymnasiums das Thema anschließend den Anwesenden durch zwei Kurzaufführungen näher. So berichteten sie im ersten Teil aus der Perspektive ehemaliger Flüchtlinge über deren Erlebnisse und stellten im zweiten Teil Interviews mit Asylbewerbern aus Steinen und Lörrach vor.
Die dargestellten Schicksale waren ganz unterschiedlich: So berichtete etwa Leo Grossmann (Klasse 7) von den Erlebnissen eines schlesischen Jungen, der nach dem Zweiten Weltkrieg zwangsumgesiedelt wurde. Chanda Nadeem (Klasse 8) beleuchtete die Abenteuer einer Frau aus Bosnien, die in den 90er Jahren vor dem Krieg floh. Lisa Keutler (Klasse 9) stellte die Erfahrungen einer Spätaussiedlerin aus Kasachstan dar, die nach dem Zerfall der Sowjetunion mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen ist. „Ich bin angekommen, ich bin nicht mehr fremd“, fassten die Schüler dabei am Ende des Beitrags die Aussagen der ehemaligen Migranten zusammen.
Bei den Interviews mit Asylbewerbern aus Lörrach und Steinen kamen vor allem die Hoffnungen der Menschen zum Ausdruck, „hier ein neues Leben aufbauen zu können“. Doch auch Stimmen von jungen Leuten, die wieder in ihre Heimat zurück kehren müssen, fanden im Beitrag Gehör.
„Alle Akteure haben eindrücklich die menschliche Seite der Flucht gezeigt“, lobte OB Lutz und erklärte: „Ich habe viel Hoffnung für die Zukunft gesehen“ – stehe unser Leben doch „im Zeichen der Hoffnung“.
Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier vom Vokalensemble der Städtischen Musikschule sowie von Hanspeter Troendle an der Orgel und Werner Roos an Violine und Bratsche.
In Tumringen und den Ortsteilen fanden ebenfalls Feiern und Kranzniederlegungen an den Ehrenmalen statt. Zudem wurden im ganzen Stadtgebiet und den Ortsteilen abends Gedächtniskerzen für die Gefallenen und Vermissten in den Fenstern der Häuser entzündet.
Lörrach Zeichen der Hoffnung
mek 16.11.2015 - 00:00 Uhr