Lörrach Zum Abschluss einen ’Guten Rutsch’

Die Oberbadische
Mitglieder des Freundeskreises in geselliger Runde Foto: Beatrice Ehrlich Foto: Die Oberbadische

Völkerverständigung: Jüdisch-Deutscher Freundeskreis trifft sich im Nellie Nashorn

Internationale Völkerverständigung und die Wiederbelebung eines jüdisch-deutschen Kulturaustausches hat sich der Jüdisch-deutsche Freundeskreis auf die Fahnen geschrieben. Beim Sprachencafé im Nellie Nashorn kam auch der Freundeskreis zum letzten Mal in diesem Jahr zusammen.

Lörrach (bea). Chris Rütschlin, Initiatorin des regelmäßigen Treffens berichtete von einem Besuch bei der jüdischen Gemeinde in Rom. Der Tradition als wohl ältester jüdischer Gemeinde Europas hat die Gemeinde die Lage der großen Synagoge direkt am Tiber zu verdanken. Einst ein in sich geschlossenes Ghetto, hatte die römische Republik ihren jüdischen Staatsbürgern seit ihrer Gründung im Jahr 1870 die freie Wahl des Berufs und des Wohnsitzes genehmigt. 1905 hatte Rom sogar einen jüdischen Bürgermeister, hob sie hervor. Nahe der stattlichen Synagoge hat der italienische Staat der Gemeinde ein Gebäude überlassen, wo zur Zeit eine interessante Shoa-Ausstellung zu sehen sei, wie Rütschlin berichtete. Denn wenn auch die Juden unter Mussolini von den Italienern wenig zu fürchten gehabt hätten – der lange Arm der SS habe bis nach Rom gereicht, zahlreiche Mitglieder der Gemeinde wurden durch deren unmittelbares Mitwirken deportiert. „Wie kann es sein, dass die SS hier unter den Augen des Staates schalten und walten kann, wie es ihr beliebt?“ – Chris Rütschlin mag es nicht fassen. In der Ausstellung werden die Täter der SS beim Namen genannt und ihr weiterer Verbleib recherchiert.

Interesse an der jüdischen Kultur

Bei Chris Rütschlin hat die Betroffenheit über die jüngere Vergangenheit zwischen Deutschen und Juden das Interesse an der jüdischen Kultur geweckt. Wie auch alle anderen im Kreis schmerzt sie der gewaltsame Traditionsabbruch durch die von den Nationalsozialisten organisierte und minutiös umgesetzte Shoah.

Das Interesse der Runde gilt aber ganz besonders jüdischem Leben heute. Jörg Müller reist regelmäßig nach Israel, das ihn mit Bürgern aus 170 Nationen als einzigartiger „Schmelztiegel der Weltbevölkerung“ einfach fasziniert – kulturell, politisch, aber auch kulinarisch. Durch seine vielen Reisen ist er zu einem echten Kenner des Landes geworden. Er spricht Hebräisch und gewinnt Einblicke, die andere nicht haben.

Besonders beeindruckt zeigen sich auch alle Anwesenden von dem starken Zusammenhalt der israelischen Gesellschaft – „der einzelne denkt nicht in erster Linie an sich, sondern an die Gemeinschaft“. So erkläre sich auch der aus unserer Sicht mutige Umgang mit Attentätern. Statt davonzulaufen, um das eigene Leben zu retten, stürze man sich auf eine gefährliche Person, um sie unschädlich zu machen, bestätigen mehrere im Kreis, die das schon erlebt haben.

Beim Besuch Austausch auf Hebräisch

Eine wichtige Rolle spielen auch feste und allgemein akzeptierte Rituale: Der Sabbat sei wie eine schöne Königin, die kommt und geht, wie es Fabienne Domb anschaulich formuliert, oder das „Sch’ma Jisrael“ (Höre Israel), das jüdische Mütter abends schon mit den Kindern beten.

Auch der Austausch auf Hebräisch kommt nicht zu kurz: Während der Weihnachtsferien zu Gast bei Freunden in Lörrach ist Avichy Pinhas aus Israel mit seiner Frau und fünf Kindern. Fotos aus seinem Dorf in der Negev-Wüste, unmittelbar an der Grenze zu Ägypten zeigen, dass sich auch dort die Präsenz des IS deutlich bemerkbar macht: beim um mehrere Meter in die Höhe gewachsenen Grenzzaun.

Einmal Eis vom Auto der Gastgeber zu kratzen – für die Kinder im Teenager-Alter sind das hier in Deutschland wunderbare Momente, welche die Bedrohung daheim für eine Weile vergessen machen.

Einen guten Rutsch wünschen sich alle zum Abschluss – bis zum nächsten Treffen im Nellie, am dritten Dienstag im Januar.

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