Lörrach Zwischen Wehmut und Gelassenheit

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Reaktionen auf den angekündigten Weggang von Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Bluhm

Von Guido Neidinger
Lörrach. Mitte nächsten Jahres wird Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Bluhm Lörrach nach 18-jähriger Amtszeit verlassen (wir berichteten). Sie wird voraussichtlich Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des baden-württembergischen Städtetags. Der Vorstand des Städtetags Baden-Württemberg hat Gudrun Heute-Bluhm in seiner Sitzung am Montag einstimmig für das Amt des Geschäftsführenden Vorstandsmitglieds nominiert. Während einige Kommunalpolitiker mit einer solchen Entwicklung durchaus rechneten, traf diese Nachricht andere völlig überraschend. Wir sprachen mit Vertretern der Fraktionen im Gemeinderat.
 
Petra Höfler (CDU) gehört zu denen, die die Ankündigung von Gudrun Heute-Bluhm, aus dem Amt der Oberbürgermeisterin vorzeitig ausscheiden zu wollen, „vollkommen überrascht hat“. Allerdings kann die neue CDU-Fraktionschefin diesen beruflichen Schritt nachvollziehen. „Einerseits hinterlässt Frau Heute-Bluhm eine große Lücke in Lörrach, andererseits kann kann ihre Präsenz beim Städtetag in Stuttgart uns nur gut tun“, betonte Höfler.
In Lörrach habe die Oberbürgermeisterin „unendlich viel bewegt und Lörrach attraktiv gemacht, auch attraktiv für potenzielle Nachfolger. Das gute Verhältnis zu Basel, die gelungene Strukturreform im Rathaus und das sachlich und persönlich gute Miteinander im Gemeinderat zählt Höfler zu Heute-Bluhms großen Leistungen. Für ihre Partei kündigte Höfler an, dass die Union „ein großes Interesse daran hat, mit einem geeigneten CDU-Bewerber  in den Wahlkampf zu ziehen. Allerdings sei es noch zu früh für konkrete Aussagen.
 
Günter Schlecht (SPD) war „persönlich nicht unbedingt überrascht von der Nachricht, dass Frau Heute-Bluhm eine neue berufliche Herausforderung annehmen will“. Nach fast 20 Jahren im Amt der Oberbürgermeisterin ist es für Schlecht „legitim, neue berufliche Chancen zu nutzen“. Für die Stadt Lörrach und die Verwaltung bedeutet das laut Schlecht „einen Einschnitt“. Der Zeitpunkt des Ausscheidens sei ungünstig, weil Bürgermeister Michael Wilke erst relativ kurz im Amt sei und der Weggang ins Zeitfenster der Kommunalwahlen falle.
Laut Schlecht hat Gudrun Heute-Bluhm die Stadt und die Verwaltung geprägt. Bei allen unterschiedlichen Meinungen habe sie „die Stadt mit hohem Sachverstand vorangebracht und es verstanden, die Stadträte zusammenzuführen“. Schlecht bescheinigte ihr „viel Engagement“. Dennoch biete jedes Ende auch eine gewisse Chance.
 
Uwe Claassen, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, sieht dies ähnlich. Auch für ihn kam die Nachricht nicht überraschend. „Frau Heute-Bluhm hat den Blick nach anderen Möglichkeiten nie verloren, auch nicht nach der missglückten Wahl in Freiburg“, so Claassen. Für die Stadt habe sie einiges bewegt.
Hier seien besonders die Kinderbetreuung und die Schulen zu nennen. Andererseits fehlt Claassen bei Heute-Bluhm „das Visionäre“, um Lörrach langfristig nach vorne zu bringen. Dies gelte vor allem für die Verkehrsentwicklung. Auch wenn man die neue berufliche Perspektive nach Einschätzung Claassens als „persönlichen Aufstieg“ bewerten könne, halte die Oberbürgermeisterin ihr  bei der zweiten Wiederwahl gegebenes Versprechen, weitere acht Jahre in Lörrach zu bleiben, nicht. Claassen sieht den bevorstehenden Weggang gelassen. „Das eröffnet neue Chancen“, sagte er.
 
Werner Lacher (Freie Wähler) zeigte sich „von der Nachricht total überrascht, ja sogar geschockt.“ Persönlich empfindet er den Weggang Heute-Bluhms „sehr schade, weil Lörrach eine sehr engagierte und kreative Oberbürgermeisterin verliert“. Lacher hofft auf eine gute Nachfolge, damit die positive Entwicklung Lörrachs ungebremst weitergehen könne. Heute-Bluhm, so Lacher, „hat das Recht, sich beruflich zu verbessern“. Allerdings sei der Zeitpunkt für die Stadt äußerst unglücklich.
 
Gerd Wernthaler (Grüne)
hat sich „in 18 Jahren gemeinsamer Politik an die gute Zusammenarbeit gewöhnt“, in denen viele gemeinsame Ziele verfolgt worden seien, zum Beispiel in der Radverkehrs-und in der Kulturpolitik. Positiv bewertet Wernthaler, dass die Oberbürgermeisterin nicht nur die große Kultur im Blick gehabt habe, sondern auch kleinere Kulturinitiativen. Gudrun Heute-Bluhm habe das Wort Verwaltung nicht sehr wörtlich genommen, sondern sei mit Visionen über das Tagesgeschäft hinaus tätig  geworden. Nach fast 20 Jahren kann Wernthaler dem Weggang auch Positives abgewinnen: „Neuer Wind kann uns durchaus gut tun.“ Wernthaler hofft, „dass die OB-Wahlen nicht zum Lager-Wahlkampf der Parteien werden“.
 
Marcel Matt (Liberale) bezeichnet die einstimmige Nominierung Heute-Bluhms als „Wertschätzung ihrer bisher geleisteten Arbeit“. Einerseits, so Matt, freue er sich für sie, andererseits stelle ihr Weggang Lörrach vor eine große Herausforderung. Gerade in jüngster Zeit wurden laut Matt einige große Projekte angeschoben, die noch längst nicht in trockenen Tüchern sind. Dazu zählt Matt den Hotelneubau und  das neue Domizil für das Theater tempus fugit. Es bleibe spannend, so Matt, wie das neue Stadtoberhaupt sich hier positioniert.

OB: Keine leichte Entscheidung 

Leicht fiel es Gudrun Heute-Bluhm nach eigenen Worten nicht, das Amt der Lörracher Oberbürgermeisterin vorzeitig aufzugeben. „Ich hänge an der Stadt und an dieser Aufgabe“, fügte sie gestern im Mediengespräch hinzu. Als sie vor Monaten von der Findungskommission für die Besetzung des Postens des Geschäftsführenden Vorstandsmitglieds des Städtetags Baden-Württemberg gefragt wurde, ob sie dieses Amt übernehmen wolle, habe sie sich mehrere Wochen Bedenkzeit erbeten.
Letztlich aber habe sie die nahezu einzigartige starke Position des Städtetags in Baden-Württemberg und der Erhalt der Selbstverwaltung der Städte bis hin zu ihrer Stellung in Europa bewogen, diese Herausforderung anzunehmen.

Im Sommer will Gudrun Heute nach Stuttgart wechseln, allerdings ihren Erst-Wohnsitz in Lörrach behalten. Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre und ist nach Besoldungsgruppe B 9 vergütet. 

 Wilke: „Ich werde das Beste daraus machen“

Die Ankündigung von Gudrun Heute-Bluhm, ihr Amt als Lörracher Oberbürgermeisterin während ihrer dritten Amtszeit an den Nagel zu hängen, sorgt im Rathaus und in der Stadt für  Rätselraten, wie es jetzt weitergeht. Bürgermeister Michael Wilke ist nicht glücklich über den Zeitpunkt des Ausscheidens der Oberbürgermeisterin, mit der er eigenen Worten zufolge „sehr gut zusammenarbeitet“. Andererseits geht er die vor ihm liegende arbeitsreiche Zeit pragmatisch und gelassen an, weil er   daran ohnehin nichts ändern könne. „Ich werde das Beste daraus machen“, erklärte Wilke gegenüber unserer Zeitung.  Bewusst ist er sich, dass er im Falle einer Vakanz viele Aufgaben vorübergehend alleine schultern muss. Hier  baut Wilke auf eine sehr gut funktionierende Verwaltung.
 
Annette Rebmann-Schmelzer, Leiterin des Fachbereichs Zentrale Dienste im Rathaus, ist derzeit dabei, einen Fahrplan für die Oberbürgermeisterwahl aufzustellen,  und die rechtlichen Bedingungen zu klären.
Laut Gemeindeordnung muss die Oberbürgermeisterwahl spätestens drei Monate nach Beendigung der Tätigkeit des Amtsinhabers stattgefunden haben.
 
Einig sei man sich mit den Spitzen der Fraktionen, dass die OB-Wahl losgelöst von den Kommunalwahlen (25. Mai 2014) stattfinden soll. Sinnvoll wäre die Wahl laut Rebmann-Schmelzer auch vor den Sommerferien (Beginn: 31. Juli 2014). Damit könnten die OB-Wahlen laut Rebmann-Schmelzer zwischen Mitte Juni und Mitte Juli angesetzt werden. Das letzte Wort hat hier der Lörracher Gemeinderat.

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