Die Landrätin
Landrätin Marion Dammann sprach von der gesetzlichen Verpflichtung des Landkreises, die ihm zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen. Dammann räumte ein, bei Amtsantritt am 1. März 2012 mit einer Flüchtlingswelle in dieser Form nicht gerechnet zu haben. Zwischen 2011 und 2015 stieg die Zahl der Zufluchtsuchenden von 85 im Jahr 2011 auf 2300 im Jahr 2015. Durch diesen drastischen Anstieg seien Notunterkünfte in Zelten und Hallen nicht mehr vermeidbar. Eine solch vorübergehende Notunterkunft für 180 Menschen wird derzeit in der alten Alemannenhalle in Maulburg eingerichtet.
Dass die Unterbringung von Flüchtlingen in der Grenzecke mit seinem ohnehin leer gefegten Wohnungsmarkt nicht einfach sein wird, weiß die Landrätin. Trotzdem werde versucht, genutzte Turnhallen nicht zu belegen. Marion Dammann zeigte sich deshalb froh, den Flüchtlingen mit der alten Alemannenhalle ein festes Dach über dem Kopf bieten zu können. Mit der Unterbringung der Flüchtlinge ist es aber nicht getan. „Wir werden viel leisten müssen, um die Menschen zu integrieren“, so Landrätin Marion Dammann.
Die alte Halle
Gerhard Blattmann vom Fachbereich Planung und Bau im Landratsamt erläuterte die Pläne für die Notunterkunft in Maulburg, die im Oktober mit 40 und im Januar mit weiteren 140 Menschen bezogen werden soll. Zunächst soll das Untergeschoss der alten Halle mit dem „Kleinen Saal“(wo früher die Gemeinderatssitzungen stattfanden) und seinen Sanitäreinrichtungen genutzt werden. Trennwände sollen dabei für etwas Privatsphäre sorgen. Die Verpflegung bringt eine Cateringfirma, weil selbst kochen nicht möglich sein wird.
Kochen wird erst später möglich sein, wenn alle 180 Flüchtlinge im Erdgeschoss der alten Halle untergebracht sind. Hier sollen Abtrennungen ebenfalls für etwas Privatsphäre sorgen. Das Untergeschoss der alten Halle wird ab 1. Januar 2016 Büros für die Heimleitung und Sozialbetreuung beherbergen.Weitere bauliche Maßnahmen betreffen den Zugang zur Halle und den Brandschutz.
Betreuung
Auf die Betreuung und Sicherheit ging Elke Zimmermann-Fiscella vom Fachbereich Soziales und Jugend im Landratsamt ein. Das Landratsamt als Betreiber der Notunterkunft habe ein Interesse, dass Probleme erst gar nicht entstehen. Die Betreuung werden ein aus dem Ruhestand geholter Heimleiter und ein Hausmeister übernehmen. Für die soziale Betreuung ist in Maulburg die Caritas zuständig. Für die Sicherheit in der Notunterkunft sorgt ein Wachdienst, der bereits während der Bauphase und später während der Belegung rund um die Uhr im Einsatz sein wird.
Engagement
Elke Zimmermann-Fiscella zeigte den 450 Besuchern des Informationsabends Möglichkeiten ehrenamtlichen Engagements anhand konkreter Einsatzmöglichkeiten auf. Denn alleine kann das Landratsamt die Betreuung der Flüchtling nicht bewältigen. Mithilfe ist beispielsweise in der Begleitung des Alltags, bei Freizeitaktivitäten und bei Sprachkursen möglich. Gleichzeitig bat Elke Zimmermann-Fiscella darum, Hilfe nicht aufzudrängen und insbesondere die Privatsphäre der Bewohner der Notunterkunft zu wahren. Dass der Wille zum Helfen da ist, zeigte sich bereits am Ende der Veranstaltung, als sich zahlreiche Besucher in den ausliegenden Helferlisten eintrugen. Helfer können sich aber auch an die Heimleitung und Sozialbetreuung vor Ort wenden oder sich einem der bestehenden Helferkreise anschließen. Noch vor dem 1. Oktober soll in Maulburg ein weiterer Infoabend für Helfer stattfinden.
Die Debatte
Sehr rege verlief nach der Vorstellung der Pläne für die alte Alemannenhalle der Gedankenaustausch. Dabei stellte sich die Frage nach der Herkunft der Flüchtlinge. Doch darauf hat der Landkreis keinen Einfluss, er versucht sich aber im Unterbringungsmanagement. Wenig Sorgen macht man sich aufgrund der gesammelten Erfahrung über die Zugehörigkeit der Flüchtlinge zu unterschiedlichen Religionsgruppen.
Und auch das Risiko eingeschleppter Krankheiten wird als gering erachtet. Dafür sorgen Gesundheitschecks in den Landeserstaufnahmestellen. Im Landkreis Lörrach kümmern sich zudem Ärzte auf freiwilliger Basis um die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge. Ein Problem ist allerdings die psychologische Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen. Hier wurde auf die Arbeit des Vereins Refugio Villingen-Schwenningen verwiesen.
Weil Sprache ein wichtiger Bestandteil der Integration ist, kommt den Sprachkursen der Volkshochschulen eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der räumlichen Engpässe (die Gemeinde plant deshalb die Erweiterung von Schule und Kita) wird es der Gemeinde aber kaum möglich sein, Kinder der Flüchtlinge in den Kindergärten beziehungsweise in der Wiesentalschule aufzunehmen, hieß es bereits in der Sondersitzung des Gemeinderats im August. Deshalb tauchte am Freitagabend der Vorschlag auf, in Zusammenarbeit mit dem Dorfstübli eine Kinderbetreuung auf die Beine zu stellen.
Kritik kam an der Dauer der Asylverfahren auf, die allerdings nicht im Einflussbereich des Landratsamtes liegt. Landrätin Marion Dammann setzt auf beschleunigte Asylverfahren für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern. Laut aktuellen Zahlen stammen 51 Prozent der Menschen, die in Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises leben, aus den Balkanstaaten. Es wurde aber davor gewarnt, in gute und schlechte Flüchtlinge zu unterscheiden. Der Zustrom von Flüchtlingen werde eine Herausforderung für die nächsten Jahre sein, sagte Landrätin Marion Dammann und riet zu einem „runden Tisch“.
Ob noch weitere Flüchtlinge nach Maulburg kommen werden, konnte die Landrätin nicht beantworten. Sie sagte aber, dass das Verhältnis von Einwohnern und Flüchtlingen in Relation stehen müsse. Außerdem dürfe man das Thema Anschlussunterbringung nicht aus den Augen verlieren. Das erfordert, sie zu integrieren und in Arbeit zu bringen: Nur wenn die Menschen für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen können, haben sie eine Perspektive. Heimleiter Herwig Popken – er ist für die Unterkunft in Maulburg zuständig – nannte als positives Beispiel eine Frau, die als Flüchtling kam und jetzt ihre Doktorarbeit schreibt.
Das Schlusswort
„Ängste lassen sich am ehesten abbauen, wenn man mit Flüchtlingen in Kontakt kommt“, sagte Landrätin Marion Dammann in ihrem Schlusswort. Dem konnte sich Bürgermeister Jürgen Multner nur anschließen: „Nur im Dialog können wir Ängsten entgegentreten.“