Maulburg Maulburger Abbruchvirus

Markgräfler Tagblatt
Soll abgerissen werden, um Platz für mehr Parkraum zu schaffen: Wohnhaus in der Neuen Straße 25 in Maulburg.                                       Foto: Harald Pflüger Foto: Markgräfler Tagblatt

BETRIFFT: Abbruch Wohngebäude Neue Straße 25

In der Gemeinderatssitzung am 12. Juni soll wieder einmal über einen Gebäudeabbruch entschieden werden. Das im Gemeindebesitz befindliche Wohnhaus Neue Straße 25 soll nun auch abgebrochen werden. Nach Fraktionsberichten wird es nicht das letzte Gebäude sein – als nächstes ist das Wohnhaus Lettenweg 2 mit ehemaligem Munistall anvisiert.

In beiden Fällen geht es um die Schaffung von Parkplätzen. Stellt man sich die Flächen mit den Blechkisten nach Abbruch der Gebäude vor, entsteht eine städtebauliche Leere. Historische und ortsbildprägende Gebäude sind für immer verloren.

Während vielerorts solche Gebäude mit Herzblut saniert werden und den Menschen ein Gefühl von Heimat und Wohlfühlen vermitteln, werden in Maulburg solche Gebäude abgebrochen.

Ursache des „Maulburger Abbruchvirus“ ist fehlendes städtebauliches Einfühlungsvermögen und fehlender kultureller Respekt gegenüber der Baukultur früherer Zeiten seitens der heutigen Entscheidungsträger.

Es fehlt auch die Fantasie dafür, was man aus historischer Bausubstanz Schönes machen kann. In unzähligen Orten gibt es eine unendliche Zahl positiver Beispiele für sanierte Gebäude – doch dafür hat man in Maulburg seitens der Gemeinde keine Empathie.

In Maulburg wird seit zwei Jahrzehnten immer als erstes über Gebäudeabbruch entschieden, anstatt zuerst Nutzungskonzepte zu entwickeln, was man mit den Gebäuden und dem städtebaulichen Umfeld machen kann.

Beide Gebäude, die der Abbruchkeule geopfert werden sollen, sind städtebaulich ortsbildprägend und von besonderer Architektur. Das Wohnhaus Neue Straße 25 ist eines der fünf Häuser (auch das Dorfstübli gehört dazu), die um das Jahr 1900 im damaligen Baustil des „Baumeisters Sironi“ entstanden sind.

Fatal und bedenklich ist auch die Vorgehensweise der Gemeinde. Das Gebäude steht trotz bekannter Wohnungsnot seit Monaten leer, den Mietern wurde gekündigt. Das Grundstück wird nicht gepflegt; Buschwerk wuchert. So will man offensichtlich den Eindruck vermitteln, das Ganze ist nicht erhaltenswert und muss weg.

Mit dem Abbruch der beiden Gebäude entstehen nicht wirklich viel mehr Parkplätze; es entstehen jedoch Abbruchkosten und eine städtebauliche Leere mit Verlust ortsbildprägender Gebäude für ein paar Pkw-Stellplätze.

Es wäre wohl besser, die Gemeinde würde das Wohnhaus Neue Straße 25 mit einem Teil des Grundstücks verkaufen; gleichzeitig besteht die Möglichkeit, die westliche Grundstückshälfte für Stellplätze zu nutzen. Statt Abbruchkosten entsteht Verkaufsgewinn; ortsbildprägende Bausubstanz bleibt erhalten und es können dennoch Stellplätze entstehen.

Dass Gebäude gleichen Alters erhaltenswert und den heutigen energetischen Bedingungen gerecht saniert werden können, hat gerade ein privater Bauherr beim Haus Neue Straße 13 beispielhaft aufgezeigt.

Wäre der Gemeinderat dem Abbruchvirus der Verwaltung stets gefolgt, wären Dorfstübli, Hallenbad und alte Alemannenhalle längst der Spitzhacke geopfert worden.

Horst Leber |

Maulburg

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