Im Juli wurde von der Gemeinde Maulburg das Buch „Gleichgeschaltet - Maulburg im Nationalsozialismus und die Rolle von Hermann Burte im Dritten Reich“ von Hansjörg Noe vorgestellt. Am Freitag beleuchtete der Autor bei einem Vortrag im Rathaussaal die Jugend im Dritten Reich. Maulburg (mo). Die Kindheit und Jugend im Dritten Reich war schon gleich nach der Machtübernahme Adolf Hitlers im Blickpunkt nationalsozialistischer Erziehung, sowohl in größeren Städten als auch in kleineren Orten wie Maulburg. Anhand von Fotos, Liedtexten, Gedichten und Zeitzeugenberichten veranschaulichte Noe, wie die Beeinflussung in der wirtschaftlich schwierigen Zeit vonstatten ging. In Maulburg spielten dabei auch Lehrpersonen eine bedeutende Rolle, so Noe. Die meisten Lehrer seien Parteimitglieder gewesen, berichtete Noe, der diese Information von dem Zeitzeugen Friedrich Dreher bekommen hatte. Der 1924 geborene Dreher hatte darüber berichtet, wie er 1930 in Maulburg in die Schule kam. Klassenlehrer Adolf Spies sei nach 1933 in der Parteiuniform zur Arbeit erschienen. Wenn er den Kindern etwas zu schreiben aufgegeben hatte, las er am Pult den „Stürmer“. Lehrer Spies war auch für den „Stürmer-Kasten“ in der Dorfstraße gegenüber dem Wirtshaus „Krone“ zuständig, wo die jeweils aktuelle Ausgabe der antisemitischen Wochenzeitschrift aushing. Oberlehrer Hermann Kost sei ein glühender Nationalsozialist und SA-Führer gewesen. Einmal hatte er alle Kinder einer jüdischen Familie vor die Klasse gestellt, wo die anderen Schüler sie anspucken sollten. So erlebte Dreher eine Schulzeit im Zeichen des Hakenkreuzes, wie er Hansjörg Noe berichtet hatte. Die Nazi-Fahne habe praktisch überall gehangen, auch im Kindergarten. Mit zehn Jahren kam Dreher zum Jungvolk und bekam dafür auch eine Uniform, die seine Mutter in Schopfheim beim jüdischen Kaufmann Bollak gekauft hatte. Die gesungenen Lieder und Gedichte strotzten vor Propaganda. Religiöse Begriffe und christliche Bräuche wurden übernommen und in den nationalsozialistischen Kontext gesetzt. So wie beispielsweise das „Heil“ aus dem Hitlergruß. Für die Jugendlichen sei es in diesem Umfeld praktisch unmöglich gewesen, sich kritisch zum Nationalsozialismus zu positionieren, ist Noe überzeugt. Man müsse auch berücksichtigen, was die heute über 80-Jährigen als damalige Kinder und Jugendliche tatsächlich über die politische Situation gewusst haben können, so der Lokalhistoriker. Die Jugend war praktisch täglich verplant durch Aktivitäten mit den Jugendorganisationen, Kampfspielen und Feierlichkeiten, wo sie mit Gleichaltrigen zusammenkam und auch ihren Spaß hatte. In Maulburg habe es einen Spielmannszug gegeben, der bei diesen Gelegenheiten aufspielte. Daneben gab es andere Angebote für die Jugendlichen, etwa das Fliegen mit Hanggleitern in Gersbach, was die Jugendlichen scharenweise angezogen habe. Viele Jugendliche meldeten sich daraufhin freiwillig zur Flugwaffe, und landeten in vielen Fällen unbeabsichtigt bei der Waffen-SS, weil sie die unterschriebenen Dokumente nicht gründlich durchgelesen hatten. Die Jugend wurde praktisch in Besitz genommen, was das erklärte Ziel der Parteispitze war, wie aus der Rede Adolf Hitlers im Dezember 1938 in Reichenberg hervor geht. Die Jugendlichen sollten durch diverse Organisationen von klein auf zu unkritischen Volksgenossen erzogen werden. „Und sie werden nicht mehr frei ihr ganzes Leben und sie sind glücklich dabei“. Bei der Auswertung des Materials kam Noe zu dem Schluss, dass die Jugend keine Chance hatte, dem braunen Gedankengut zu entkommen, geschweige denn, sich ihm entgegenzusetzen.