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Müllheim Krisenmanagement durch Gespräche

Weiler Zeitung
Jürgen Lange und Ines Winter suchen die Familien auf, die am PFiF-Projekt teilnehmen. Foto: Dorothee Philipp Foto: Weiler Zeitung

Modellprojekt„Psychische Fitness in Familien“ schafft Erleichterung für erkrankte Eltern und deren Kinder

Fast jeder Dritte leidet Experten zufolge einmal in seinem Leben an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Im Gegensatz zu anderen Leiden sind die seelischen immer noch vielfach mit Tabus behaftet, man spricht nicht darüber wie über ein gebrochenes Bein oder über Magenprobleme.

Von Dorothee Philipp

Müllheim. Doch eine psychische Erkrankung kann jeden treffen. Besonders schwierig wird es für Kinder, wenn ein Elternteil sich seelisch verändert und den Alltag nicht mehr im gewohnten Umfang meistern kann.

Im Oktober 2014 startete das Diakonische Werk Breisgau in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald in Müllheim und Umgebung das Modellprojekt „PFiF“ (Psychische Fitness in Familien), dessen Erfahrungen jetzt schon zeigen, dass gezielte Hilfe spürbar Linderung schaffen kann. Zunächst auf 18 Monate angelegt, hoffen die Beteiligten, dass PFiF zu einem dauerhaften Angebot aufgebaut werden kann.

Neu ist, dass hier zwei Fachdisziplinen, die Sozialpädagogische Familienhilfe und der Sozialpsychiatrische Dienst ineinander greifen. Jeder stellt eine Fachkraft ab, im Müllheimer Modell sind dies Ines Winter und Jürgen Lange. Im Tandem suchen die beiden die Familien, die ins Programm genommen wurden – derzeit sind es fünf – zu Hause auf. Dabei geht es zunächst darum, Eltern und Kinder dazu zu bringen, über ihre Situation zu sprechen und dann auch im Gespräch eine Art Krisenmanagement zu entwickeln. Denn psychische Erkrankungen verlaufen oft in Schüben, die sich vorher ankündigen.

Dass im Team beide Geschlechter vertreten sind, sei ein großer Vorteil und sichere eine hohe Akzeptanz, sagen die beiden. Der Einsatz ist zwar ein rein sozialpädagogischer, aber man stehe in engem Kontakt mit den behandelnden Ärzten und Therapeuten. Die Eltern erhalten gleichzeitig das Angebot, sich bei einem von Fachkräften begleiteten Elterntreff mit anderen auszutauschen. Die Kinder treffen sich alle zwei Wochen in der Kindergruppe, wo sie lernen, mit Wut, Angst oder Trauer umzugehen. Zum Gefühl der Scham kommt bei Kindern oft noch das Gefühl der Schuld hinzu, wenn es Eltern schlecht geht.

In der Kindergruppe gelten feste Regeln, dass man die anderen ausreden lässt, niemand ausgelacht wird und alles was erzählt wird, in der Gruppe bleibt. Sie lernen, ihre Gefühle zu äußern, auch im Spiel, beim Basteln, Kochen oder Malen. Und sie eignen sich Strategien an, wie man Krisen und negative Gefühle in den Griff bekommt.

„Das Benennen von Gefühlen schafft den Kindern und den Eltern Erleichterung“, berichtet Ines Winter. Es führt sie heraus aus dem Gefühl der Ohnmacht. Voraussetzung für die Aufnahme in das für die Betroffenen kostenlose Programm ist die Einsicht des erkrankten Elternteils sowie die Kooperationsbereitschaft der übrigen Familie auch hinsichtlich der vorgeschlagenen Maßnahmen. Die Auswahl trifft dann das Jugendamt.

Wanderausstellung „Schlage die Trommel und fürchte dich nicht“, Bilder von Kindern – auch erwachsenen – seelisch belasteter Eltern, im Rathaus Müllheim; bis zum 26. November, Besichtigung zu den üblichen Dienstzeiten

Vernissage am Montag, 9. November, 17.30 Uhr, im Rathausfoyer; Referenten: Jan Schulz, Fachbereich Soziale Dienste Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, Albrecht Schwerer, Diakonisches Werk Breisgau-Hochschwarzwald und Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich

Info: www.diakonie-breisgau-hochschwarzwald.de

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