Dreimal Lob und Zustimmung, einmal herbe Kritik gab es bei den Statements der Fraktionen zum Müllheimer Haushalt 2016 (siehe separaten Bericht). Durchweg war man sich einig, dass angesichts der steigenden Pflichtaufgaben und Umlagen für eigene Gestaltung kaum noch Spielraum besteht. Von Dorothee Philipp Müllheim. Die Ausgaben für die Unterbringung der Geflüchteten sieht CDU-Sprecher Jürgen Nafz als gerechtfertigt, allerdings solle die Hilfe nur dort geleistet werden, wo auch der Wille zur Integration besteht. Müllheim brauche weitere Einnahmen, deswegen ist die CDU für neue Firmenansiedlungen und für die Entwicklung neuer Baugebiete auch für die Schaffung von preiswertem Wohnraum. Hier nannte Nafz das Areal zwischen Kleinfeldele und Hügelheim entlang der B 3, wofür man eine Grünzäsur des Regionalplans aufheben müsse. CDU und FW für neue Firmenansiedlungen Die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts und die Wirtschaftsförderung generell haben für die CDU-Fraktion höchste Priorität. Zufrieden ist die Fraktion mit dem Ausbau des Brandschutzes im Bürgerhaus, mit dem Erfolg der Eisbahn und der neuen Reihe „Bühne 79379“ sowie mit dem Fortgang der Sanierung von Schulen und Kindergärten. Auch die Freien Wähler wollen zur Verbesserung der Einnahmesituation mehr Gewerbe ansiedeln, wie Fraktionssprecher Michael Nutsch verdeutlichte. Die Verstärkung des Geschosswohnungsbaus könne nur umgesetzt werden, wenn in der Stadt Baulücken geschlossen werden. Das sei man dem sozialen Frieden schuldig, sagte Nutsch. Seine Fraktion lobe die Eröffnung der neuen Haushaltsstelle, die die Geldbewegungen für die Geflüchteten zusammenfasst. Alle Freiwilligkeitsleistungen auf den Prüfstand zu stellen, um Geld zu sparen, ist für die Freien Wähler der falsche Weg. Dinge wie besserer ÖPNV, Radwege, Barrierefreiheit, Breitbandkabel, Hügelheimer Festhalle und anderes zu hinterfragen oder gar einzufrieren, das könne nicht sein, sagte Nutsch. Und wo bleibe das Ziel der Energiewende und eine Beteiligung am European Energy Award" Neue Einnahmequellen sehen die Freien Wähler in einer Fremdenverkehrsabgabe, Parkraumbewirtschaftung und einer Pferdesteuer. Für die SPD legte Fraktionssprecher Philip Lang den Finger auf den massiven Investitionsstau, der wichtige Projekte bisher hinausgeschoben hat. Dass mit Hauptamtsleiter Willi und demnächst auch Stadtbaumeister Klein zwei „hochkompetente“ Mitarbeiter das Verwaltungsteam verlassen, beziehungsweise verlassen haben, ist für Lang Anlass für die Aufforderung an die Verwaltungsspitze, die Personalpolitik der vergangenen Jahre zu hinterfragen und Aufgabenverteilung innerhalb der Verwaltung zu überprüfen. Flüchtlinge: SPD lobt Haltung der Bürgermeisterin Lang mahnte im Interesse der kommenden Generationen einen zurückhaltenden Umgang mit der Erschließung von Bauland an. Es sei ein Fehler gewesen, dass die Stadt kommunale Wohnungen verkauft hat. Bei der größten Aufgabe, die Müllheim derzeit zu stemmen hat, die Unterbringung von Geflüchteten, lobt die SPD-Fraktion Bürgermeisterin Siemes-Knoblich für ihre klare Haltung zugunsten Mitmenschlichkeit und Solidarität. Ebenso die Ausweisung von Bauland für geförderten Wohnungsbau im geplanten Baugebiet Am langen Rain. Martin Richter richtete für die Fraktion ALM/Grüne zunächst den Blick auf die vergangenen Haushaltsjahre, in denen der Ansatz in schöner Regelmäßigkeit auf der Einnahmenseite doch noch überschritten werde. Auch 2016 werde man wieder diesem „Ritual“ folgen. Seine Fraktion freue sich, dass Schulen und Kitas die nötige finanzielle Aufmerksamkeit genießen und Jugend und Soziales nicht vernachlässigt würden, dass für Geflüchtete Menschenmögliches getan werde und in das Thema bezahlbarer Wohnraum Bewegung gekommen sei. Dass der Beschluss des Gemeinderats die Verwaltung verpflichtet, die vorgesehenen Maßnahmen auch umzusetzen, nahm Richter zum Anlass für Kritik an der Bürgermeisterin: Sie sei im zurückliegenden Geschäftsjahr dadurch aufgefallen, dass sie Mehrheitsbeschlüsse des Gemeinderats nicht respektiert habe. Haushaltsrelevante Beispiele hierzu sieht Richter zum einen darin, dass die Ausgabe von 50 000 Euro, die im Haushalt 2015 für die Verbesserung des ÖPNV eingestellt waren, bisher „immer noch nicht beim Gemeinderat angekommen“ sei. Dafür sei ein Arbeitskreis Mobilität gegründet worden, aber konkrete Maßnahmen zum Fahrplanwechsel habe es nicht gegeben. „Von Badenweiler erpressen lassen“ Noch deutlicher wurde Richter beim anderen Beispiel, der Haltung der Stadt Müllheim im Gemeindeverwaltungsverband zum Thema Windkraftanlagen auf dem Blauen. Hier habe sich Siemes-Knoblich von der Gemeinde Badenweiler „erpressen“ lassen, und einen Gemeinderatsbeschluss von 15 zu acht Stimmen in einer zweiten Abstimmung mit „umstrittenen Mitteln und einer denkbar knappen Zufallsmehrheit“ im Sinn von Badenweiler revidiert. Als Dank habe die Kurgemeinde jetzt ihre Beteiligung an den Abendbuslinien gestrichen. Deswegen gebe seine Fraktion kein Votum ab, jedes Mitglied könne selbst entscheiden, wie es sich in der Abstimmung verhält. Während seine vier Ratskollegen und Kolleginnen sich der Stimme enthielten, hob Richter – er ist derzeit das dienstälteste Mitglied im Ratsrund – bei der Abstimmung dennoch die Hand als Ja-Stimme. „Völlig unangemessene Generalabrechnung“ Nach seinem Plädoyer herrschte Betretenheit und Stille, bis Bürgermeisterin Siemes-Knoblich, sichtbar geschockt aber gefasst, meinte, sie nehme Kritik gerne entgegen, aber der Vorwurf, sie habe manipuliert und vereitelt, sei „nicht konstruktiv“. Richters Rede sei eine „völlig unangemessene Generalabrechnung“, sagte sie unter Beifall der CDU-Fraktion.