War die Bauphase für den Kreisverkehr an der Kreuzung Schlüsselstraße, Breisacher und Basler Straße ausreichend Grund, den Mietzins für die Bäckerei und Café zu mindern und darüber hinaus Schadensersatz zu fordern" Damit beschäftigt sich zurzeit das Landgericht Freiburg, nachdem die Stadt Neuenburg gegen das Vorgehen des Betriebsinhabers Klage erhoben hatte. Nach rund zwei Stunden der mündlichen Verhandlung wurde vertagt. Von Volker Münch Neuenburg am Rhein. Bis zum Baubeginn der Kreisverkehrsanlage im Februar 2015 hatte der Bäckermeister regelmäßig die geforderte Miete überwiesen. Von da an seien allerdings die Umsätze weggebrochen, wie sein Rechtsanwalt Thomas Huber in der Verhandlung ausführte. Die Gründe laut beklagtem Betriebsinhaber: die Einbahnstraßenregelung hinderte ausfahrende potenzielle Kunden daran, bei der Bäckerei vor dem Verlassen der Stadt einzukaufen. Durch die Baustelle selbst seien viele Stellplätze weggefallen und der Hauptzugang zu dem Ladengeschäft sei, so Huber weiter, nur eingeschränkt benutzbar gewesen. Emotionslos verfolgten Bürgermeister Joachim Schuster, der Rechtsanwalt der Stadt, Klaus Berger, und der zuständige städtische Mitarbeiter für Liegenschaften, Stefan Laasch, den Vortrag. Sie forderten mit der Klage die entsprechende Nachzahlung nebst Zinsen ein, nachdem sie kein Verschulden der Stadt sowohl als Vermieter als auch als Straßenbaulastträger hätten erkennen können. Umsätze nach Baubeginn des Kreisels weggebrochen Richter Roland Bergmann erkannte schnell, dass das Problem wohl tiefer sitzt. Die Umsatzeinbußen hätten zu einer Existenzbedrohung geführt, weshalb Rechtsanwalt Huber auch eine hohe Summe an Schadensersatz angezeigt und einen Tag vor dem Prozess auch eine entsprechende Widerklage – allerdings für diesen Prozesstag nicht termingerecht – eingereicht habe. Für Richter Bergmann spielte eine Rolle, dass es weitere Zugänge über die angrenzenden Straßen gebe und dort auch weitere Stellpätze vorhanden waren. „Das stimmt, aber durch Baucontainer waren die auf der Rückseite des Gebäudes nur schwer zu erreichen“, erklärt der Betriebsinhaber. Mietanspruch der Stadt zweifelsfrei gegeben Dass der Beklagte nicht nur die Bauphase, sondern auch das folgende Nepomukfest in seine Berechnungen einbezogen hatte, ließ Richter Bergmann nicht gelten. Vielmehr machte er deutlich, dass der Mietanspruch der Stadt zweifelsfrei gegeben sei, ein Minderungsanspruch zumindest aber problematisch erscheine. Gegen den Schadensersatzanspruch hegte Bergmann sogar „große Bedenken“, ohne einem Richterspruch vorgreifen zu wollen. „Ein großer Teil der vorgetragenen Sachverhalte des Beklagten gehören einfach zum unternehmerischen Risiko und können nicht der Stadt angelastet werden“, so der Richter. Er schlug einen Vergleich vor, bei dem die von ihm neu ermittelte Mietminderung zweigeteilt und damit der Rechtsstreit beendet werden könnte. Während der Rechtsanwalt der klagenden Stadt diesem offenbar folgen wollte, beharrten Rechtsanwalt Huber und der beklagte Bäckermeister auf eine richterliche Entscheidung. Aber hier öffnete Huber den Prozessbeteiligten eine Hintertür: Da nun das Gespräch über die Zukunft des Betriebs in der Schlüsselstraße endlich vor Gericht stattfinde – bisherige Terminanfragen wurden vom Bürgermeister wegen Terminschwierigkeiten wohl abschlägig beschieden – könnte man die Bereitschaft für einen Vergleich signalisieren, wenn die Stadt als Vermieter mit sich über eine Vertragsverlängerung reden ließe. Der läuft Ende Juli 2016 aus. „Ohne Perspektive ist der Betrieb und die Altersversorgung der Senioren gefährdet. Ich appelliere an Sie, Herr Bürgermeister, ein entsprechendes Signal zu senden“, so Rechtsanwalt Huber mit Blick auf anstehende Gespräche mit den Banken. Stadt will Mietverhältnis nicht weiterführen „Wir werden und wollen das Mietverhältnis nicht weiterführen“, entgegnete Schuster. Seine Gründe: Einer ursprünglich längeren Mietzeit mit Staffelmieten, wie sie die Stadt in der Existenzgründungsphase gerne gewährt, habe der Bäckermeister nicht zustimmen wollen. Ferner sei der Betrieb über die Mietminderung hinaus bereits zwei Monatsmieten im Verzug. Zudem sei die Stadt immer bemüht gewesen, während der Bauphase die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten, ergänzte der Rechtsanwalt der Stadt und wies darauf hin, dass es zu keiner Zeit Hinweise auf Probleme gegeben habe. Richter Bergmann meinte dazu an die Adresse des Betriebsinhabers: „Das ist eine schlechte Verhandlungsposition, wenn man den Mietzins schuldet.“ Richter: hinnehmbare Risiken für Gewerbetreibenden Am Ende gab es für den Beklagten deutliche Hinweise durch den Richter. Für Richter Bergmann war die Zahl der Stellplätze ausreichend, das Geschäft auch immer erreichbar. Eine „Umfeldverschlechterung“ wie die Umgestaltung, eine Bautätigkeit oder eine veränderte Verkehrsführung seien hinnehmbare Risiken für den Gewerbetreibenden. Da die beklagte Seite Wiederklage auf Schadensersatz eingereicht habe, setzte Richter Bergmann den Prozess aus. Bis zum 16. Februar sollen die Stellungnahmen der beiden Parteien – im Falle des Beklagten zu den Hinweisen, beim Kläger in Sachen Widerklage – beim Landgericht eingereicht werden. Der Prozess soll am 22. März fortgesetzt werden.