Rollstuhl fahren und Spaß haben" Mit Menschen mit Handicap herumalbern und Kräftemessen spielen" Eine neue Initiative des Badischen Behindertensportverbands (BBS) gilt genau diesem Ziel: Kindern und Jugendlichen die Bedingungen, unter denen die Menschen mit Behinderung tagtäglich leben müssen, nahezubringen und gleichzeitig die Hemmschwelle für die Interaktion abzubauen. Von Dorothee Philipp Neuenburg am Rhein. Im Neuenburger Kreisgymnasium probierten drei Klassen aus, was am Rollstuhlbasketball so faszinierend sein kann. Zu Gast waren Marco Hopp, ehemaliger Nationalspieler mit zahlreichen Meistertiteln, darunter Europa- und Weltmeister, und heutiger Trainer der zweiten Bundesliga, und Christine Stahlberger vom BBS. Dieser hatte auch die Bälle, Trikots und Sportrollstühle gestellt. Schüler versuchen sich im Rollstuhlbasketball Angestoßen hatte die Aktion Konrektorin Astrid Rasmussen-Schmitt, die über Presseberichte auf „Behindertensport macht Schule“ aufmerksam geworden war. „Hier haben die Schüler Gelegenheit, das Anderssein am eigenen Leib zu erfahren, praktisch und mit Spaß und ohne lange Vorträge“, sagt die Pädagogin. Ein Autounfall warf sein Leben aus der Bahn Die Fünftklässler sind gespannt bei der Sache, als Hopp ihnen die Unterschiede zwischen seinem Alltagsrollstuhl und den 14 Sportrollstühlen mit den schräg stehenden Rädern erklärt, auf die sich die Klasse nach Ende der Einführung begeistert stürzt. Wer zu langsam war, kommt in der nächsten Runde dran. „Ich bin kein Simulant, ich kann wirklich nicht laufen“, erklärt der durchtrainierte 45-Jährige, von dem die Kinder wissen wollen, warum er im Rollstuhl sitzt. Ein Autounfall nach einem Sekundenschlaf warf sein Leben aus der Bahn, als er 25 Jahre alt war. „Inkomplette Querschnittslähmung“ heiße seine Diagnose, erklärt Hopp. Erfolgreich ins Leben zurückgekämpft Seine sportlichen Erfolge und seine positive, humorvolle Ausstrahlung zeigen, dass er sich erfolgreich wieder ins Leben zurückgekämpft hat. Als erstes dürfen die Kinder die Navigation mit den Rollstühlen üben, das geht ganz flott, schon flitzen die ersten durch die Halle, drehen Pirouetten und jagen den Bällen hinterher. Dann gibt es ein Wettfahren, im zweiten Durchgang als Tandem, wo der Vordermann ziehen muss. „Das ist so genial hier“, japst ein Junge, noch ganz außer Atem, denn diese Sportart beansprucht Muskeln, die man sonst weniger benutzt. Astrid Rasmussen-Schmitt traut ihren Augen kaum: Da albern und toben Kinder herum, die sonst im Unterricht still und verschlossen wirken. „Seid offen für Menschen mit Behinderung“ Nach den Übungen, bei denen die Trefferquote in den Korb zusehends wächst, und einem kleinen Derby versammelt Marco Hopp seine Mannschaft in einer Reihe. Mäuschenstill ist es jetzt, als er sie in seinem Schlussappell auffordert, im Alltag aufmerksamer zu werden auf Menschen, die in der Fortbewegung eingeschränkt sind, wozu er auch Mütter mit Kinderwagen oder Senioren mit Rollator oder Stock zählt. „Seid offen für Menschen mit Behinderung“, gibt er den Kindern mit. Drei Klassen des Kreisgymnasiums erleben an diesem Vormittag den etwas anderen Sportunterricht, den anderen bleiben vor allem die Berichte ihrer Mitschüler von einer außergewöhnlichen positiven Erfahrung und einer Menge Spaß.